von Cornelia Hüsser • 11.01.2024
Die Weihnachtsferien sind eine gute Zeit, um schon lange auf dem SUB (Stapel ungelesener Bücher) wartenden Subjekten endlich Aufmerksamkeit zu schenken – insbesondere den etwas voluminöseren.
Den umfangmässig ersten Platz belegte dabei ein gewisser Jonathan Franzen, bei dem die Würze – wie auch bei einem gewissen John Irving – nicht in der Kürze liegt. Sehr kurz gefasst hat sich hingegen Jörg Fauser, mit dem eine Annäherung an Beat-Literatur gewagt wurde. Thematisch aktueller unterwegs war man mit Candice Carty-Williams’ Porträt einer jungen Londonerin – und mit dem neuen Asterix-Band, einem Ratgeber zum Thema Achtsamkeit.
Manche Berühmtheit ist eine zweifelhafte – beispielsweise jene von Patrick Wallingford. Millionen Menschen verfolgten an ihren Bildschirmen mit, wie dem Nachrichtenmoderator vor laufender Kamera die Hand von einem Löwen weggesnackt wurde. Einige Jahre später soll Wallingford die erste erfolgreiche Handtransplantation erhalten. Unter einer Bedingung: Die Witwe des Spenders fordert nicht nur ein Besuchsrecht bei der Hand, sondern auch eine unmittelbare Schwängerung.
Klingt doof? Ist es auch. Aber Wallingford ist halt dermassen attraktiv, dass sich nicht nur sämtliche Mitarbeiterinnen, sondern auch frischgebackene Witwen nicht mehr unter Kontrolle haben. Da kann er nichts machen. Er dümpelt also ein wenig in den Betten umher, bis 400 Seiten rum sind und der Transplanteur keinen Bock mehr hat. Zum Schluss fragt man sich, was man hier eigentlich gelesen hat – ausser den erotischen Fantasien des Autors.
2001/2021 • 448 Seiten • Diogenes • Bestellen
Queenie lebt als junge, schwarze Frau in London. Nach einer Trennung flüchtet sie sich in Sex-Dates – und macht dabei nicht selten rassistische und grenzüberschreitende Erfahrungen. Trotzdem fällt sie immer wieder in ihr Muster zurück, bekommt Schwierigkeiten am Arbeitsplatz und auch im Freundeskreis. Gleichzeitig glaubt sie noch immer daran, dass Tom zu ihr zurückkehren wird …
«Queenie» ist ein tolles Buch für jüngere Leserinnen, das Themen wie Ausbeutung, Traumabewältigung und psychische Gesundheit anspricht. Das ist teilweise sehr düster, hat aber auch seine humorvollen Momente. Wie das Leben eben ist.
2019/2020 • 544 Seiten • Blumenbar • Bestellen
Wird es Enid Lambert gelingen, ihre Familie für ein letztes Weihnachten zurück nach St. Jude zu locken? Die Chancen stehen schlecht – ihre Kinder sind nicht gerade scharf darauf, in die Kleinstadt im mittleren Westen zu fliegen, um sich den üblichen Zwängereien auszusetzen und nach dem dementen Vater zu schauen. Doch schnell wird sichtbar, dass nicht nur die Eltern, sondern jeder der Lamberts auf seine eigene Weise gescheitert ist …
«Die Korrekturen» ist ein Familienepos des amerikanischen Kleinbürgertums, das sich hauptsächlich mit gescheiterten Ehen/Beziehungen, Investitionen und Karrieren beschäftigt. Unpassend erscheint der maximal absurde Erzählstrang über den Sohn Chip, der im Internet (damals tatsächlich noch Neuland) Litauen an amerikanische Investoren ausverkauft. Dass ein Börsengewinnler sein Geld wildfremden Menschen hinterherwirft, erscheint dagegen geradezu plausibel. Allgemein gelingt es Franzen nicht, Sympathien für auch nur eine der Figuren zu wecken, was die Lektüre – obwohl gut geschrieben – mit der Zeit zäh werden lässt. Da hätte die Hälfte der Seiten durchaus genügt.
2001/2003 • 784 Seiten • Rowohlt • Bestellen
Weniger Fleisch, mehr Regionalität und positives Denken: Der Achtsamkeits-Trend ist im 40. Asterix-Band auch in Gallien angekommen. Verantwortlich ist ein gewisser Visusversus, der eines Tages im Dorf auftaucht und den Menschen helfen möchte, besser zu leben – oder verfolgt er doch einen ganz üblen Plan?
Einmal mehr werden in «Die weisse Iris» aktuelle Thematiken nach Gallien verfrachtet. So entdecken Asterix & Co. nicht nur Fine Dining und verbale Konfliktlösungsstrategien, sondern auch mietbare Ein-Mann-Karren, mit denen sich der Stau aufgrund auf der Strasse festgeklebter Individuen umfahren lässt. Etwas mehr Biss hätte die Sache vertragen, kurzweilig und witzig ist der Band aber trotzdem.
2023 • 48 Seiten • Egmont • Bestellen
Fausers Geschichten sind rasant, dreckig und erinnern an einen Fiebertraum. Schauplatz sind die Drogenmilieus der Welt, die Protagonisten hängen zwischen Nadel und alkoholgetränkter Philosophie. Stark beeinflusst von der amerikanischen Beat-Literatur verarbeitete Fauser in seinen Texten die eigenen Drogenerfahrungen; damals von der Literaturkritik verrissen, lädt die Diogenes-Reihe heute zum Wieder- und Neuentdecken ein.
2020 • 288 Seiten • Diogenes • Bestellen
Connys komplettes Lesejahr, inklusive verfehlter Challenge (79 von 80 Büchern 🥲), kann auf Goodreads durchstöbert werden.