Bernadette Kolonko: Unsichtbares und Ungesagtes

von Michael Bohli • 27.06.2023

Verlag: Schüren Verlag
256 Seiten • Softcover
Erscheinungstermin: 12.04.2023
ISBN: 978-3-7410-0435-3

In ihrem Buch «Unsichtbares und Ungesagtes» hat Bernadette Kolonko zehn Gespräche mit Filmemacher:innen zusammengestellt. Es ist ein faszinierendes Werk über feministische Möglichkeiten im Film entstanden.

Was bedeutet es für dich, Filme zu schauen? Funktioniert die Kunstform als Konsumprodukt? Lässt du dich von gewohnten Abläufen, Schemen und Gesichtern berieseln? Oder soll es eine Herausforderung sein, ein Tor in eine Welt neuer Möglichkeiten?

Zu oft wird Film als starres und mit patriarchal bestimmten Regeln definiertes Medium betrachtet. Dagegen stellt sich Bernadette Kolonko mit ihrem Buch «Unsichtbares und Ungesagtes», in dem sie anhand von zehn Gesprächen mit Filmemacherinnen den gewohnten, männlichen Blick aufbricht. Eine Publikation, die wie eine Offenbarung wirkt und aufzeigt, welche Vielfalt und emotionale Schönheit bei Filmen möglich wäre und ist.




Die in Englisch und Deutsch abgedruckten Diskussionen sind augenöffnend, beeindruckend tiefreichend und voller Inspiration. Die Regisseur:innen geben nicht nur Auskunft zu ihren Projekten und damit gemachten Erfahrungen, sondern dekonstruieren die Axiome, welche bei Film in vielen Köpfen herumgeistern. Ein Spielfilm muss narrativ funktionieren? Lange Shots und intime Details von Natur, Körper und Gegenstände sind überflüssig?

Weit gefehlt, offenbart sich die Schönheit und die Kraft des Medium Films dann, wenn ein gefühlvolles, inklusives und diverses Abbild des menschlichen Daseins geschaffen wird. «10 Female * Feminist * Gazes» heisst der Untertitel der Publikation und macht klar: Die uns eingetrichterten Sehgewohnheiten (meist von Männern erfunden, definiert und ausgeübt) müssen abgestreift werden.

In den Gesprächen werden Themen wie Gleichstellung der Geschlechter, Ästhetik, Mutterschaft, Unterdrückung, Sex, Liebe, Kapitalismus und Filmtheorie behandelt – den Interviewpartnerinnen wird viel Raum gelassen und anhand einzelner Filmstills die Worte optisch begleitet. Rückschlüsse auf die feministische Filmgeschichte werden gezogen, eine Vielzahl an Möglichkeiten skizziert.

Das von Bernadette Kolonko konzipierte und verfasste Buch dient als nachhaltige Lektüre, Nachschlagewerk, grosse Inspiration für das kreative Schaffen und fungiert als Einladung, Gewohnheiten abzulegen. Ein bereicherndes, faszinierendes, fesselndes Buch, das auf eine feministische und feinfühlige Filmzukunft hoffen lässt.

Die Gespräche wurden geführt mit: Susanne Heinrich, Laura Bispuri, Kamila Andini, Ester Martin Bergsmark, Anna Sofie Hartmann, Valérie Massadian, Teona Strugar Mitevska, Maryam Touzani, Katharina Wyss und Maura Delpero.