Darja Keller: Sihl City

In den Geschichten von Darja Keller wird die Welt zur ewigen Sommernacht; Zürich wird zu einem Ort zwischen Sehnsucht und erlebter Wahrheit. Die Autorin schafft das mit «Sihl City» auf wenigen Seiten – die Buchstaben und Wörter bieten die Nahrung für Träumereien, seufzend legt man die Veröffentlichung neben sich aufs Bett.

Allerdings gibt es ein grosses Problem: Zu schnell ist man am Ende angelangt, denn «Sihl City» ist nach weniger als 70 Seiten ausgelesen. Es zeugt aber von schriftstellerischem Talent, dass Darja Keller eine Vielzahl an Gefühlen in kurzer Zeit auslösen kann. Auch wenn man die beschriebenen Situationen selbst so nicht erlebt hat, davon fantasiert hat bestimmt jede:r.

Die langen Nächte, in denen man sich mit Freunden und geliebten Menschen herumtreibt. In denen die Heimatstadt zum Universum wird und jede Stunde neue Möglichkeiten mit sich bringt. Immer im Fokus die queere Liebe, die damit verbundenen Unsicherheiten und Wünsche. Kongenial verpackt Keller die Elemente im längeren Text «Josefstrasse». Hier bilden Wünsche, Möglichkeiten und Gegebenheiten eine neue Form, die das Herz bereichert.

Bei den kurzen Texten wie «Thalia» und «Allein schlafen» kommt das Ende sehr rasch, die beschriebene Welt ist zu reizvoll, dass man die Personen und Momente nach kurzer Zeit wieder verlassen möchte. Keller schafft es, in kurzen Sätzen und mit wenigen Worten prägnante Gefühle und Farben herbeizuführen, ohne jemals verkopft zu sein.

Eigene Erfahrungen und Wünsche lassen sich in den Erzählungen entdecken, die urbane Umgebung reizt die Fantasie, das Gefühlschaos gräbt sich in die Seele. «Sihl City» ist ein sehr gelungener Auftakt in die Karriere von Darja Keller und will immer wieder besucht werden. Mehr davon bitte.