von Cornelia Hüsser • 04.05.2025
Verlag: Lenos
300 Seiten • gebunden
Erscheinungstermin: April 2025
ISBN: 978-3-03925-042-4
Mit dem Verkauf von Brathähnchen sichert Anna den Lebensunterhalt für sich und ihren Sohn Léo. Als der Kastenwagen nach einem Unfall zerstört ist, verliert sie ihre einzigen Einkünfte. Doch die Teilnahme am Game könnte alle Schulden auf einen Schlag tilgen.
Südfrankreich, Atlantikküste. Ein kleiner Ort, in dem das Leben vor allem im Sommer spielt, wenn die Touristen und Surfer kommen. Hier wächst Léo in einem kleinen Bungalow auf – auch er stand von Klein auf auf dem Brett. Nur seine Mutter Anna surft nicht mehr, seit Léos Vater gestorben ist.
Als Anna eines Nachts von der Polizei nach Hause gebracht wird, realisiert Léo sofort, dass sie ohne den Hähnchenwagen aufgeschmissen sind. Genau zu dieser Zeit ist das Game in den Medien omnipräsent: Es wird nach Personen gesucht, die bereit sind, ihre Hand auf die Karosserie eines brandneuen Wagens zu legen – mit Liveübertragung im Fernsehen. Wer zuletzt loslässt, gewinnt das Auto. Und: Die Show findet erst noch in unmittelbarer Nähe ihres Bungalows statt …
Da Léo für die Teilnahme zu jung ist, begibt sich also Anna mit 19 weiteren Personen in das Martyrium des Spiels. Es soll die Zuschauenden von den eigentlichen Problemen im Land ablenken: Arbeitslosigkeit, Löhne, die nicht bis zum Monatsende reichen, Ausbeutung. Ein Spiel, das unterhalten, die Nation einen, Hoffnung und Chancengerechtigkeit vermitteln soll.
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Incardonas «Game» steht symbolisch für die Auswüchse des Kapitalismus und die Hilflosigkeit der Menschen, die in ihren Rollen gefangen sind. Dies fängt der Autor mit einer angemessenen Portion Zynismus ein. Das Wesentliche spielt sich allerdings im Nebenplot ab, der sich um Léos Alltagskämpfe – Mobbing, Scham, das Aufwachsen ohne Vater – dreht.
Sprachlich ist der Roman eher banal. Auch die Spannungskurve will nicht so recht funktionieren; man weiss genau, wo es hingeht. Die Kapitalismuskritik muss hinter der Coming-of-Age-Geschichte zurückstecken, wenn auch dieser Handlungsstrang schön und treffend umgesetzt ist. Insgesamt ging der Fokus also etwas verloren. Eine berührende Story über eine Mutter und ihren Sohn am unteren Ende des sozialen Gefälles bekommt man aber dennoch.