von Michael Bohli • 14.05.2024
Verlag: Edition Assemblage
120 Seiten • Softcover
Erscheinungstermin: 06.05.2024
ISBN: 978-3-96042-190-0
Die Rückeroberung neu angedacht: Jot Vetter erzählt in der Graphic Novel «re:claim» von Veränderungen in Zürich, welche das Leben mit der Natur und der Gesellschaft umkrempeln.
Es wird wärmer und chaotischer auf der Welt, viele klammern sich an ihre Gewohnheiten und Traditionen. Doch eines sollten wir uns bewusst sein: Veränderung ist das Einzige was bleibt. So lautet der Untertitel der Graphic Novel «re:claim» von Jot Vetter.
Die Geschichte spielt sich in Zürich ab, wir begleiten eine Gruppe von Freund:innen, die in naher Zukunft das Leben in der Schweizer Grossstadt zur organisieren versuchen. Zwischen finanziellen Engpässen, Fragen zu Gender und Familie, Hausbesetzung und nachbarlichen Wechseln wird der Alltag von Sam, Adri und Mo durch anderes durcheinandergewirbelt: Wildtiere sind zurück auf den Strassen.
Nicht nur Hirsche tauchen plötzlich auf, auch Wolfsrudel und einzelne Bären wandern durch die unterschiedlichen Zürcher Kreise. Logisch, dass sich gewisse Personen sofort bewaffnen und die «Ordnung» wiederherstellen möchten, was zur grossen Frage führt: Wer kontrolliert den Aussenraum?
Jot Vetter, aktuell in Hamburg wohnhaft, hat mit «re:claim» eine Graphic Novel geschaffen, welche die Grundlage von Franz Hohlers «Die Rückeroberung» ins nahe Morgen transportiert. Ein Comic, der zum Nachdenken anregt und Mut macht, trotz den übermächtig wirkenden Veränderungen der Umwelt. Kollektive Arbeit wird in der Geschichte grossgeschrieben, geschickt werden Systemstrukturen im Kleinen (Freundschaft, Familie), Mittleren (Wohnquartier, Kooperation) und Grossen (Stadt und Staat) behandelt.
Verlegt durch die edition assemblage – ein linkes, queer-feministisches Verlagskollektiv aus Münster – ist «re:claim» ein wichtiger Comic für die heutige Zeit. Nicht nur ermöglicht Jot auf den Seiten Spaziergänge durch Zürich, sondern bietet viel Material zur aktivistischen Vergangenheit und Gegenwart der Stadt. Die fein linierten Zeichnungen ohne Tuschflächen oder Schattierung wirken ruhig und erinnern an GRRRR (Ingo Giezendanner).
Dass einige Sprechblasen etwas ungeschickt platziert wurden und deren Lesereihenfolge nicht immer klar ist, sollte niemanden von «re:claim» und den nachfolgenden Diskussionen mit Freund:innen abhalten.
Am Donnerstag, 6. Juni 2024 findet eine Lesung in der Buchhandlung Paranoia City statt.