von Cornelia Hüsser • 18.05.2023
Verlag: Edition Moderne
256 Seiten · Softcover
Erscheinungstermin: 01.05.2023
ISBN: 978-3-03731-246-9
Gut eineinhalb Jahre lang hat Jul Gordon ihre Träume aufgezeichnet. Das Resultat ist abenteuerlich, abstrakt – und sehr unterhaltsam.
Wenn man sich im Freundes- oder Bekanntenkreis über Träume unterhält – nicht die Lebens-, sondern die nächtlichen – dann gibt es fast immer diese eine Person, die sagt: Ich träume eigentlich nie. Diese Person bin ich. Ja, dann und wann erinnere ich mich schemenhaft an schlafeshalber stattfindende Absurditäten. Aber doch eher selten. Und immer nur für kurze Zeit.
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Diese kurze Zeit hat Jul Gordon genutzt, um ihre eigenen Träume illustrativ festzuhalten. Erzählerisch fangen ihre Panels genau diesen Moment hervorragend ein: Es sind Geschichten, denen eine klare Traumlogik innewohnt, die schlafend zu keiner Zeit hinterfragt werden muss. Natürlich schauen Claudia Schiffer und Helge Schneider vorbei. Selbstverständlich zeltet ein Krokodil am Waldrand. Doch sobald man wach ist, die Bilder noch im Gedächtnis, dämmert einem, wie absurd sie sind.
Man sagt, beim Träumen verarbeite man das tagsüber Erlebte. Was wohl am 19.5.22 geschah, dass im Traum das ganze Homeoffice mayonnaise- und sandverschmiert endet? Oder am 5.7.21, dass M. ihre Wohnungstür verloren hat (sie befindet sich auf einem Containerschiff Richtung Brasilien)? Und warum zwickt am 25.6.22 die Hose so fest im Schritt? Man weiss es nicht, und natürlich gibt es auf derlei Fragen keine Antwort. Zumindest nicht im Wachzustand.
Der Band, der von der Edition Moderne in Kollaboration mit Colorama herausgegeben wurde, ist ganz in Blau gehalten. Manche Panels sind nur mit schlichten Strichzeichnungen ausgestattet, andere dunkel koloriert oder in einen blauen, traumartigen Nebel gehüllt. In manchen Träumen existiert ein räumlicher Kontext, in anderen nicht. Der Ausdruck von Gordons Figuren ist lustig, intensiv, authentisch – man glaubt ihr sofort, wie schlüssig all die Geschichten im Traum waren. Damit ist der Band nicht nur für oft, gerne und intensiv träumende Personen einen Blick wert, sondern auch für all jene wie mich, die nach einer ihrer seltenen Traumerinnerungen die eigene Zurechnungsfähigkeit infrage stellen. Ihr seid OK.
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