von Michael Bohli • 13.03.2024
Zur zehnten Ausgabe liefern wir euch massig neues Futter: Wir haben die ersten Bände diverser Manga-Reihe unter die Lupe genommen, inklusive «Blue Lock», «MPD Psycho» und «Parasyte».
Zehn Ausgaben Manga Yomimono! Dieses kleine Jubiläum feiern wir mit sieben neuen Reihen; erste Bände zum Reinschnuppern, zwischen Fussball-Action und psychopatischen Mordserien. Nicht alles ist brandneu, hat aber weiterhin viel Feuer zu bieten. Viel Spass beim Entdecken.
Japan muss im Fussball Weltmeister werden! Das beschliesst der Verband und ruft dazu ein verrücktes Programm unter der Leitung von Jinpachi Ego ins Leben, der aus 300 Oberschülern den besten Stürmer aller Zeiten erkoren wird. Willkommen zu «Blue Lock», Yoichi Isagi. Zeige was du kannst und besiege deine 299 gegnerischen Spieler.
300 junge und talentierte Typen, eingesperrt in einem riesigen Trainingskomplex: Die Grundlage von «Blue Lock» ist für einen Sport-Manga reichlich abgedreht, sorgt mit dem Wettkampfprinzip und der grossen Masse an «Gegnern» für eine Aufstellung, die Action satt garantiert. Und Muneyuki Kaneshiro schöpft das von Beginn an aus.
Einzelne Aufgaben und Herausforderungen, zwischenmenschliche Spannungen und Spielsimulationen; «Blue Lock» ist eine dynamische Erzählung. Dazu passen die Zeichnungen von Yusuke Nomura, der sich mit grossen Panels und viel Bewegung austobt. Das reicht nicht ganz die Klassiker des Genres heran, bietet aber gute Unterhaltung.
216 Seiten • Crunchyroll • 978-2-88951-457-1 • Bestellen
Nachdem Korosensei vom Mond nur noch eine Sichel übriggelassen hat, will sich das Alien in einem Jahr an der Erde den Bauch vollschlagen. Das kann die Menschheit nicht zulassen und hat die Versagerklasse der Kunugigaoka Junior Highschool beauftragt, Koro zu ermorden. Dieser ist ihr Lehrer und bildet sie zugleich als Killer aus. Die Attentatsversuche misslingen, bis mit Karma ein grosses Talent zur Klasse stösst.
«Assassination Classroom» lässt dich nicht lange warten und liefert von der ersten Seite an humorvolle Action, die sich nie ganz ernst nimmt (wie auch, bei dieser Prämisse) und das Tentakelmonster als angenehmen Zeitgenossen darstellt. Yusei Matsui spielt mit den Elementen und legt ein gutes Erzähltempo vor.
Dazu passend ist Korosensei toll gestaltet (was sich im Umschlagsdesign widerspiegelt) und die Panels transportieren mit den Layouts das Abenteuer. Manche Figuren wirken etwas unsauber und der Detaillierungsgrad ist wechselnd, die verrückte Geschichte macht dafür Laune.
192 Seiten • Carlsen Manga • 978-3-551-73942-1 • Bestellen
Wenn der Verlag mit «komplett ungeschnitten und unzensiert» Werbung für «MPD Psycho» macht, dann kann es nur brutal werden. Und ja, Eiji Otsuka und Sho-u Tajima starten ihren Thriller mit viel Wucht und Schockmomenten. Abgetrennte Köpfe, malträtierte Körper und viele Psychopaten auf einem Haufen – diese Mordserie erschüttert dich.
Im Zentrum der Gewalt steht Polizist Yosuke Kobayashi, der ein schlimmes Geheimnis in sich trägt: Er hat eine dissoziative Identitätsstörung und wird im Laufe der Entwicklung wegen Mordes weggesperrt. Da immer mehr Menschen sterben, wir Yosuke trotzdem als Profiler angestellt, um den Serienkiller zu stoppen.
Logischerweise geht vieles schief und die Hauptfigur offenbart immer weitere, verrückte Identitäten. Daraus haben Eiji Otsuka und Sho-u Tajima einen extremen Manga gestaltet, in dem Blutdurst und Gewalt ungefiltert passiert. Die geordneten Zeichnungen mit viel Weissraum betten die Schockmomente in eine reale Welt, die Wendungen kommen unerwartet und rauben dir den Atem. Harte Kost.
368 Seiten • Hayabusa • 978-3-551-62271-6 • Bestellen
Moment mal, da will Akira Gunji nach einem erschöpfenden Schultag bloss nach Hause, wird jedoch einem Menschen mit Tentakel angegriffen? Ja, Ausserirdische sind real und leben als Touristen in Japan. Keine grosse Sache, doch nicht alle wollen sich den Weisungen der AMO (Alien Management Organisation) unterwerfen. Gut ist Akiras Schulfreund Sho zur Stelle und nimmt den Kampf auf.
Das Alltagsleben eines Teenagers wird durch ein unerwartetes Ereignis durcheinandergebracht: «Tokyo Aliens» startet auf bekannte Weise und setzt junge Mannen in die Positionen von Helden und Kämpfer. Naoe liefert mit dem Manga wenig neue Perspektiven, erzählt die Geschichte aber mit gutem Tempo.
Die Kämpfe sind stellenweise brutal, der Grundton von «Tokyo Aliens» bleibt im ersten Band aber locker – was an den Zeichnungen mit dicken Outlines und witzigen Nebenbemerkungen liegt. Das verleiht dem Science-Ficition-Abenteuer eine moderne Wirkung und macht die Lektüre für ein jüngeres Publikum zugänglich.
212 Seiten • Altraverse • 978-3-7539-0085-8 • Bestellen
Wie viele auf der Erde gelandet sind, weiss niemand. Ebenso wenig woher die Parasiten kamen und was sie wollen. Klar ist nur, die Ausserirdischen übernehmen die Körper von Menschen und Tiere, können deren Köpfe und Gliedmassen auf schreckliche Weise verformen und machen sich daran, die Menschheit aufzufressen.
Inmitten dieser Gefahren steckt Shin’ichi Izumi fest, dessen rechter Arm von einem Parasiten namens Migi übernommen wurde. Dieser spricht mit ihm und hat eine klare Meinung. Gemeinsam müssen sie lernen, sich gegen besetzte Menschen zu verteidigen und zugleich die wahren Absichten hinter der Invasion aufzudecken.
Hitoshi Iwaaki veröffentlichte «Parasyte» ab Ende der Achtzigerjahre und erzählte eine brutale Geschichte, die bekannte Motive von Körperfressern aus Science-Fiction-Filmen mit der grafischen Direktheit von Manga kombinierte. Besonders die albtraumartigen Körperveränderungen stehen im harten Kontrast zur zeichnerischen Ruhe, der Inhalt verbindet realistische Situationen mit Brutalität. Ein packender Auftakt, der zum Weiterlesen anreizt.
Im April startet bei Netflix die südkoreanische Serienadaption «Parasyte: The Grey».
278 Seiten • Planet Manga • 978-3-95798-893-5 • Bestellen
Wir kennen es alle: Regelmässig wird Japan von Kaijus angegriffen, Städte werden in Trümmerhaufen verwandelt und mutige Helden müssen die Bevölkerung retten. Bei «Kaiju No. 8» steht hingegen die Putzequipe im Zentrum, welche die Kadaver verwerten und die Strassen aufräumen muss.
Eine harte Drecksarbeit, die Kafka Hibino missmutig erledigt. Ein Held wurde er nie, da er die Aufnahmeprüfungen im Gegensatz zu seiner Kindheitsfreundin Mina nicht geschafft hat. Als Kafka aber nach einem erneuten Kaiju-Angriff eine körperliche Wandlung durchmacht, sieht die Sache ganz anders aus.
Es ist eine verrückte Wendung, welche Naoya Matsumoto in seiner Action-Reihe präsentiert und die gewohnten Mechaniken der Monstergeschichten auf den Kopf stellt. Durch die energiereichen Zeichnungen mit dicken Cartoon-Outlines wird «Kaiju No. 8» nie düster, sondern ist ein moderner Spass voller Adrenalin und einer Hauptfigur, die sympathisch fehlerhaft und missmutig ist.
Seiten • Crunchyroll • 978-2-88951-671-1 • Bestellen
Irgendwann reicht es dann auch mit dem Morden. Um endlich mit der Liebe seines Lebens zusammen sein zu können, entscheidet sich Taro Sakamoto dazu, vom Auftragskiller zum Ladenbesitzer umzusatteln. Ein ruhiges Familienleben steht bevor, zumindest bis Shin auf den Plan tritt und Sakomoto herausfordert. Seine ehemaligen Auftraggeber sind vom Lebenswandel nicht angetan und wollen ihn tot sehen.
Yuto Suzuki spielt mit dem gängigen «Fish Out Of Water»-Motiv und platziert den Mordmeister in einem ungewohnten Umfeld. Das sorgt von Beginn an für humorvolle Momente, spritzige Dialoge und knuffige Zeichnungen. «Sakamoto Days» ist eine nette Mixtur aus Komik und Action, in schön gestalteten Seiten erzählt.
Was die Figuren an Herz mitbringen, das fehlt beim ersten Band an Tiefe. Pro Kapitel müssen neue Herausforderungen überstanden werden, während sich Profis am ruhigen und übergewichtigen Sakomoto die Zähne ausbeissen. Dadurch wirkt «Sakamoto Days» leicht generisch, könnte aber in Zukunft noch Fahrt aufnehmen.
192 Seiten • Carlsen Manga • 978-3-551-75616-9 • Bestellen
Manga Yomimono
Yominono; japanisch für Lesestoff. Das bieten wir mit dieser Beitragsreihe, regelmässige Lesetipps und Kurzkritiken zu aktuellen Veröffentlichungen im deutschsprachigen Markt. Damit euer Manga-Feuer nie ausgeht.
Alle bisherigen Ausgaben findet ihr hier.