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Manga Yomimono #19

von Michael Bohli • 22.06.2024

Alles ist in Ordnung? Das trifft leider auf die wenigsten Bände zu, die wir in der 19. Ausgabe von Manga Yomimono vorstellen. Konflikte vergrössern aber das Lesevergnügen. Inklusive Bonus-Review!

Manga Yomimono steht für die Comic-Unterhaltung aus Japan und weiteren asiatischen Ländern, doch in dieser Ausgabe hat sich ein Webtoon aus England eingeschlichen. Why not, schliesslich ist die mysteriöse Geschichte grafisch und erzähltechnisch sehr lesenswert. Doch zuerst wie gewohnt fünf Reviews für mehr Manga-Spass.

Yuki Ikeda: Thunder 3 • Band 1

Das Leben der «Small 3» ist unspektakulär, weder in der Schule noch in den Familien passiert Spannendes. Bis Pyontaros Schwester Futaba wegen einer mysteriösen Disc durch den Fernseher in einem Paralleluniversum landet. Das können die drei Freunde nicht geschehen lassen und Tsubame, Hiroshi und Pyontaro machen sich zur Rettungsmission auf.

Reduziert gezeichnete Manga-Figuren in der realistischen Welt: Durch den Transport in «unser» Universum kann sich Mangaka Yuki Ikeda mit den unterschiedlichen Darstellungsmöglichkeiten austoben. Fotorealistische Umgebungen und Maschinen, knuffige Kinder und Aliens!? In «Thunder 3» prallen die Welten aufeinander.

Nicht nur die Zeichnungen, sondern auch die Erzählweise der Geschichte sorgt für gute Unterhaltung und Ikeda bringt Humor, Spannung und Verwunderung auf gelungene Weise in «Thunder 3» zusammen. Ein Science-Fiction-Manga mit Herz und vielen Überraschungen, eine Atmosphäre wie bei einer mitreissenden TV-Serie.

228 Seiten • Panini Manga • 978-3-7416-3731-5 • Bestellen

Akeji Fujimura: As The Gods Will • Band 2

Empfehlung ab 18 Jahren.

Nach dem brutalen Start wird die Action-Reihe «As The Gods Will» keinesfalls ruhiger: Shun hat die zwei mörderischen Spiele in der Schule überstanden und wurde mit den restlichen Überlebenden aus ganz Japan in ein Krankenhaus verfrachtet. Das erfährt er vor Ort von Akimoto, gleichzeitig landet ein würfelförmiges Raumschiff auf dem Dach des Gebäudes. Es geht wieder los.

Das Blut spritzt, die Hintergründe der brachialen Games bleiben im Dunkeln und unsere Charaktere müssen Qualen durchleiden. Die Story von Akeji Fujimura ist heftig und die Erzählweise erinnert an «Alice In Borderland». Auch bei den Zeichnungen lassen sich gewisse Parallelen feststellen, wie etwa der Ausgestaltung von Shun.

Überzeichnungen und Detailgenauigkeit wechseln sich in den Panels ab, die Action wird von Fujimura extrem dargestellt, inklusive Blutfontänen. In Band 2 von «As The Gods Will» werden aus niedlichen Kokeshi-Puppen grausame Mördermaschinen und die Jugendlichen stolpern von einem Trauma ins nächste. Wild stuff.

204 Seiten • Panini Manga • 978-3-7416-3708-7 • Bestellen

Takehiko Inoue: Slam Dunk • Band 5

Ja wie jetzt, wird bei «Slam Dunk» etwa kein Basketball mehr gespielt? Der fünfte Band besteht fast komplett aus einer brutalen Schlägerei. Takehiko Inoue lässt alte Fehden aufkochen und macht der Genre-Zuordnung «Action» alle Ehren. Doch warum passiert das alles, schliesslich gaben Hanamichi Sakuragi und die Jungs beim Testspiel gegen Ryonan eine gute Figur ab?

Das Wiederauftauchen des talentierten Spielers Miyagi Ryota sorgt für Wirbel an der Shokoku-Schule und ruft alte Feinde auf den Plan. Diese stürmen als Gruppe gleich die Turnhalle und fordern die gesamte Mannschaft zum Kampf heraus. Kann Sakuragi seine extremen Emotionen im Zaum halten?

Ich war vom Inhalt sehr überrascht, waren Schlägereien bei «Slam Dunk» bisher eher Hintergrundrauschen und die Vergangenheit des Rabauken Sakuragi. Doch mit diesem seitenstarken Band der Reihe räumt Inoue der Gewalt viel Raum ein, was zeichnerisch effektreich dargestellt wird und den Humor in kleinen Portionen integriert, aber das Sport-Feeling vermissen lässt.

328 Seiten • Hayabusa • 978-3-551-62437-6 • Bestellen

Masamitsu Nigatsu: Honeko Akabanes Bodyguard • Band 2

Honeko Akabanes Leben ist kein einfaches: Als heimliche Tochter eines Yakuza-Boss wird sie von einer Vielzahl von Attentätern und missgünstigen Gangstern verfolgt. Arakuni Ibuki und die gesamte Schulklasse 3D wollen dies verhindern, ohne, dass ihre Mission im Alltag auffliegt. Das gestaltet sich sehr schwierig, als Masachika Jinguu mit einer grossen Truppe in der Schule ankommt und die Kämpfe ausser Kontrolle geraten. Und inmitten des Getümmels lauert zusätzlich ein Verräter!

Action pur, das ist das Credo des zweiten Bands von «Honeko Akabanes Bodyguard». Ohne die Geschichte zu hinterfragen, lässt man sich von Fight zu Fight tragen, lacht über die zwischenmenschlichen Kalauer der Charaktere und sucht sich einen Weg in den dicht gezeichneten Seiten.

Masamitsu Nigatsu füllt seine Panels mit Linien, kantigen Gesichtern, Sprechblasen und Soundwörtern – was vielfach überladen wirkt. Doch ehrlicherweise stört das selten, wird das Gehirn bei «Honeko Akabanes Bodyguard» eh heruntergefahren und die absurden Kämpfe, Motive und Verkettungen der Ereignisse einfach hingenommen.

196 Seiten • Panini Manga • 978-3-7416-3695-0 • Bestellen

Makoto Ojiro: Insomniacs After School • Band 3

Die Tage sind heiss, der Schlaf bleibt bei Ganta Nakami und Isaki Magari aus. So bleibt den beiden genügend Zeit, gemeinsam mit Shiromaru an den Versuchen für den Fotowettbwerb und den Vorbereitungen für die Nacht des Meteorschauers im Observatorium zu arbeiten. Und dann ist da noch das grosse Feuerwerk, das die Gefühle durcheinanderbringt.

Die aufkeimende Zuneigung zwischen Nakami und Magari nimmt im dritten Band von «Insomniacs After School» mehr Platz ein und lässt die beruhigend wirkende Erzählung von Makoto Ojiro noch wärmender wirken. Der Alltag der Figuren ist voller schöner Momente, lebensechter Situationen und witzigen Gesprächen.

Mit jeder Seite verfalle ich der Reihe stärker und bin von den schönen Zeichnungen, in denen eine gelungene Detaillierung mit süssen Figuren kombiniert wird, bei jedem Kapitel von Neuem begeistert. Zu gerne würde ich mit den Charakteren durch die Nächte ziehen und den Sternenhimmel beobachten; diese Lektüre macht glücklich.

176 Seiten • Carlsen Manga • 978-3-551-73466-2 • Bestellen

Mike Birchall: Everything Is Fine • Band 1

Bonus-Review! Die Kleider sind immer sauber, das Lächeln ist perfekt und die Nachbarn werden zum leckeren Abendessen eingeladen. Der Alltag von Maggie und Sam ist der reine Traum des Mittelstandes. Doch wieso tragen alle Menschen überdimensionierte Katzenköpfe? Warum liegt der süsse Hund tot in seinem Körbchen und was versteckt Nachbar Charlie in seinem Keller?

Die Zeichnungen von Mike Birchall sind reduziert, statisch und grafisch präzise, die Geschichte von «Everything Is Fine» eine langsam dahinschleichende Mischung aus unangenehmer Vorahnung, Alltagshorror und ermüdender Belanglosigkeit des Daseins. Das erinnert an filmische Werke wie «The Stepford Wives», «Don’t Worry Darling» und «The Prisoner», die rote Farbe ist die sich ankündende Brutalität.

Im ersten Band dieses englischen Webtoons, das sich als gedruckter Comic sehr gut liest, passiert wenig. Doch diese Langsamkeit, das unbehagliche Verhalten der Figuren und die Details, die nicht stimmen, machen «Everything Is Fine» sehr atmosphärisch. Das mondäne Leben wird zur Horrorshow.

276 Seiten • Panini Toon • 978-3-7416-3813-8 • Bestellen

Manga Yomimono

Yominono; japanisch für Lesestoff. Das bieten wir mit dieser Beitragsreihe, regelmässige Lesetipps und Kurzkritiken zu aktuellen Veröffentlichungen im deutschsprachigen Markt. Damit euer Manga-Feuer nie ausgeht.

Alle bisherigen Ausgaben findet ihr hier.

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