von Michael Bohli • 30.06.2024
Manga aus der Schweiz! Wir stellen euch die Reihe von Ban Zarbo vor, besuchen zusätzlich das Louvre und verlieren in Manga Yomimono 20 das Gedächtnis.
Manga werden nicht bloss in Japan gezeichnet, auch Europa bringt stetig neue Zeichner:innen hervor. Ban Zarbo ist seit längerem aktiv und legt mit «Cold – Die Kreatur» ihre zweite Reihe vor. Wir haben den Start gelesen. Auch die vier weiteren Vorstellungen lassen sich sehen, die Qualität der Werke ist sehr hoch.
Die Schweizer Mangaka Ban Zarbo lässt uns mit ihrer Reihe «Cold – Die Kreatur» in eine kalte Dystopie eintauchen. Nach einer grossen Katastrophe hat sich unser Planet in eine Eiswüste verwandelt, die letzten Menschen leben zusammengepfercht in einer Stadt. Nachts wird die Siedlung von den Glajes attackiert, den unbarmherzigen Monstern.
Sami ist ein Junge und träumt in dieser gefährlichen Situation davon, der Stadtwache beizutreten und die Monster zu bekämpfen. Als er bei einer Attacke selbst in Bedrängnis gerät, erwacht eine alte Kraft in ihm, die Rettung und Unterganz zugleich sein könnte. Kann er weiterhin bei seinen Freunden bleiben?
Ein junger Held mit mysteriöser Fähigkeit, drachenähnliche Monster und eine Gesellschaft mit Ritter und Burgmauern: «Cold – Die Kreatur» besteht aus typischen Fantasyelemente, Ban Zarbo hantiert geschickt mit diesen. Wirklich überraschend ist der Start in die Reihe nicht, die Lektüre macht aber Spass und die Zeichnungen sind gelungen. Zwar werden die Seiten vor allem von weissen Flächen dominiert, der Umgang mit Details und Mimik hingegen überzeugt. Dazu gibt es tolles Bonusmaterial und schöne Farbillustrationen.
172 Seiten • Altraverse • 978-3-96358-575-3 • Bestellen
Warst du schon einmal im Louvre in Paris? Falls ja, sind dir eventuell Katzen in den Ausstellungshallen begegnet. Denn solche leben seit vielen Generationen versteckt im Dachstock des Museums. Nicht allen geht es gut, der kleine Kater Schneeflocke sehnt sich nach einer ruhigen und friedlichen Welt. Als die Touristenführerin Cécile dem Geheimnis auf die Schliche kommt, tut sich ihr eine komplett neue Welt in den Hallen der Kunst auf.
Taiyo Matsumoto ist als Erzähler von Geschichten keiner, der sich mit Konventionen zufriedengibt. Egal ob Ping-Pong oder Kinderheime, der Mangaka macht den dargestellten Alltag zu einem zauberhaften, magischen Erlebnis. Das verbindet der Zeichner in «Die Katzen des Louvre» geschickt mit surrealen Elementen und weltbekannten Kunstwerken.
Die gestaltwandelnden Katzen entzücken und der charakteristische Zeichnungsstil von Matsumoto erweckt Menschen, Gemälde und Paris zum Leben. Wie in einem Traum bewegt sich die Geschichte von Kapitel zu Kapitel und entzückt mit den Charakteren, zeichnerischen Details wie den Tauben und dem emotionalen Feingefühl. Passend dazu ist der Band als schickes Hardcover edel verarbeitet.
432 Seiten • Reprodukt • 978-3-95640-417-7 • Bestellen
Endlich ist Junpei auf der Bühne und tanzt zusammen mit seinem Rivalen Luo eine Szene aus Schwanensee. Doch als sich Junpei totstellen sollte lässt das sein Ego nicht zu und die Vorführung wird zu einem ausufernden Tanzduell. Jurorin Ayako Oikawa goutiert dies überhaupt nicht, zeigt aber Interesse an den beiden Tänzern. Ergibt sich doch eine aussichtsreiche Zukunft im Ballett?
Die Charaktere gleiten über die Seiten, die Tanzmomente füllen grosse Panels und die Leidenschaft tropft von der Stirne. George Asakura lässt in seiner Geschichte «Dance Dance Danseur» dem Ballett viel Raum und lockert das strickte Layout mit Überlagerungen und Splashpages auf. Das wird dem Tanzstil gerecht, das zeigt die sportlichen Leistungen.
Gut ist, dass Tokyopop die Reihe als Doppelbände veröffentlicht, schreitet die Geschichte erstaunlich langsam voran. Entscheidungen ziehen sich über mehrere Kapitel, Hintergrundinformationen zu den Charakteren oder deren Motive werden von Asakura spärlich eingestreut. Die Wandlung Junpeis zu einem besseren Menschen, seine romantischen Gefühle für Miyako und sein Gerechtigkeitssinn hingegen stärken die Lektüre.
436 Seiten • Tokyopop • 978-3-8420-8408-7 • Bestellen
Du wachst auf und hast dein Gedächtnis verloren. Noch schlimmer, du warst in einen Autounfall mit deiner gesamten Familie verwickelt und alle Verwandten haben ihre Erinnerungen ebenfalls nicht mehr. Verrückt? Ja, aber so geht es Tsubasa und dem Rest der Ichinose-Sippschaft. Bedeutet dies, dass sie ihr Leben neu ausgestalten dürfen?
In der Wohnung angekommen stellt sich heraus, dass die Wahrheit unerträglich düster ist. Wie könnte es auch anders sein, stammt die Mystery-Reihe «The Ichinose Family’s Deadly Sins» aus der Feder von taizan5. Der Autor schockte mich mit der emotionalen Härte von «Takopi und die Sache mit dem Glück» und hält sich bei dem Start dieser Serie ebenfalls nicht zurück.
Der markante Zeichnungsstil mit den rauen Figuren und den detailliert ausgearbeiteten Doppelseiten wirkt stellenweise wild, agiert zugleich als Gegengewicht zu den Tiefschlägen, welche die Leute in «The Ichinose Family’s Deadly Sins» durchleben müssen. Nach dem anfänglich munteren Ton wird der Band düster und mit jedem Kapitel tun sich neue Abgründe auf. Fesselnd.
192 Seiten • Hayabusa • 978-3-551-62454-3 • Bestellen
Jeder Band von «Insomniacs After School» wirkt wie eine frische Brise nach einem harten Tag. Die Slice-Of-Life-Reihe von Makoto Ojiro ist im vierten Teil weiterhin Seelenbalsam und die Autorin arbeitet die Stärken ihres Manga weiter aus. Seien es die Zeichnungen der süssen Figuren, deren tolle Outfits oder die Katze Two-Chan, welche regelmässig auftaucht, oder die Dialoge; alles wirkt beruhigend.
Ganta und Isaki arbeiten fleissig an den Vorbereitungen für ihr Sternschnuppenfest und konnten dazu Freund:innen akquirieren, welche ihnen beim Basteln helfen. Die Sonne brennt hart, die Nächte sind ohne Schlaf. Zwischen den beiden wird die Freundschaft tiefer, die gemeinsamen Radiosendungen verbinden und als sie endlich zu zweit unterwegs sind, passiert ein Geständnis…
Traurigkeit, Erschöpfung, Leidenschaft und Freude: Die Emotionen stellt Makoto Ojiro in ihren Zeichnungen perfekt dar, lässt den Entwicklungen zwischen den Charakteren genügend Raum und bettet alles mit ihren realistischen Zeichnungen in ein perfektes Umfeld. Zu gerne wäre ich mit Isaki und Ganta unterwegs.
192 Seiten • Carlsen Manga • 978-3-551-73467-9 • Bestellen
Manga Yomimono
Yominono; japanisch für Lesestoff. Das bieten wir mit dieser Beitragsreihe, regelmässige Lesetipps und Kurzkritiken zu aktuellen Veröffentlichungen im deutschsprachigen Markt. Damit euer Manga-Feuer nie ausgeht.
Alle bisherigen Ausgaben findet ihr hier.