von Michael Bohli • 21.07.2024
Sommer-Spezial-Edition: Gleich acht neue Manga stellen wir euch in dieser Ausgabe von Manga Yomimono vor, inklusive dem besten Lehrer aller Zeiten!
Moment Mal, die Sommerferien haben erst begonnen und wir sprechen bereits wieder von einer Rückkehr zur Schule? Ja, denn mit der Neuauflage von «GTO: Great Teacher Onizuka» wird die Zeit im Klassenzimmer zu einem wilden Ritt. Da geht das mühsame Büffeln schnell vergessen.
Eine Reise in meine eigene Vergangenheit ermöglicht diese Neuausgabe von «GTO: Great Teacher Onizuka», hatte ich meinen Erstkontakt mit der Geschichte im letzten Jahr meiner Schulzeit. Das Mangafeuer loderte damals in mir, jetzt sind diese Leidenschaft und der beste Lehrer der Welt zurück!
Der erste Doppelband liefert den rasanten und wilden Einstieg in die Story um den Rowdy Eikichi Onizuka, der weder eine Ausbildung noch sexuelle Erfahrungen vorweisen kann. Dafür viele Vorstrafen, ein grosses Ego und den Wunsch, endlich bei einer Frau zu landen. Als der Lehrerjob die scheinbare Nähe zu Teenagern ermöglicht, ist es klar: Onizuka wird der beste Lehrer der Welt!
So einfach ist das nicht, birgt jedes Gespräch und jede Begegnung mit dem Hitzkopf Chaospotential. Das lebt Tôru Fujisawa in seiner Geschichte mit absurden Konfrontationen, Wendungen und extremen Darstellungen in den Zeichnungen aus. Verfolgungsjagden, notgeile Typen, Sexismus und Gewalt ist in «GTO» zu finden – was nicht wirklich korrekt ist, aber auch heute noch unterhält.
392 Seiten • Manga Cult • 978-3-75730-330-3 • Bestellen
Zehn Jahre sind vergangen, seit Ryohei die traumatischen Erfahrungen im Borderland erleben musste. Jetzt ist er Mitte zwanzig, mit Yuzuha verheiratet und zukünftiger Vater. Alles gut? Nein, denn urplötzlich landet er wieder in einem Game, gemeinsam mit weiteren Personen, die er kurz zuvor auf dem Bürgersteig vor dem Tod zu retten versuchte. Beginnt der Albtraum erneut?
In nur zwei Bänden wird die Fortsetzung zu «Alice In Borderland» erzählt, Haro Aso liefert wie gewohnt Geschichte und Zeichnungen ab. Das ist wenig Material und liest sich bei «Retry 1» sehr schnell, weckt aber das bekannte Kribbeln. Die Gefahr ist gross, die Verwirrung und das Chaos steigern sich auf jeder Seite, der Cliffhanger ist hart.
Warum Ryohei erneut im Borderland gelandet ist, wird auf diesen 160 Seiten nicht erklärt, Haro Aso hat aber bestimmt eine clevere Auflösung im Petto. Angenehm feststellen lassen sich die Verbesserungen der zeichnerischen Fähigkeiten des Mangaka, wirken die Figuren plastischer und die Seiten besser aufgeteilt. Fans der Original-Reihe finden sich in «Retry» sofort zurecht.
160 Seiten • Hayabusa • 978-3-551-62158-0 • Bestellen
Jetzt mal ehrlich: Die Story von «Zetman» ist echt wild und verworren. Hat Masakazu Katsura den Inhalt im Voraus geplant, oder wurde die Geschichte um Zet und den Amagi-Konzern fortlaufend entwickelt? Im sechsten Doppelband gibt es neue Enthüllung zur Absicht der Männer hinter den Playern und der Evol-Organisation, die wahren Absichten sind nicht zu erkennen.
Dass sich Jin nicht für immer zum ZET verwandeln lässt passt den Verantwortlichen gar nicht, dass Koga als Superheld Alpha durchstarten will, sorgt für neue Komplikationen. Besonders dann, als dessen Schwester von Fieslingen entführt wird. Jetzt kann sich auch Jin nicht mehr zurückhalten und stürzt sich erneut ins gewalttätige Treiben.
Was klar ist: Bei «Zetman» ist der Quereinstieg nicht zu empfehlen, lassen sich die vielen Figuren und deren Verflechtungen ohne Vorwissen nicht nachvollziehen. Genauso fein ausgearbeitet, wie die Zeichnungen sind die Verästelungen der Geschichte, wenn auch Gier und Brutalität die Antriebe sind. Immerhin werden im sechsten Band die Frauen keiner sexueller Gewalt ausgesetzt und eine wichtige Figur aus Jins Vergangenheit kehrt zurück.
448 Seiten • Manga Cult • 978-3-96433-811-2 • Bestellen
Triggerwarnung: Selbstverletzung
Das ging schief. Adam liess sich zu einer direkten Aussage hinreissen und hat Mia damit verletzt. Jetzt scheint ihre frische Freundschaft bereits gefährdet, dabei wollte er ihr bloss beim Lernen helfen. Doch auch sie wird von Reue geplagt und will sich dem jungen Künstler erneut nähern. Wird es für die beiden wieder möglich sein, sich gegenseitig zu supporten?
Die Gefühle bei «Crossing Borders» fühlen sich real an, Mia und Adam sind sympathische Charaktere mit Tiefe und Dominik Jell lässt seiner Geschichte den nötigen Raum. Im zweiten Band der Reihe passiert in den einzelnen Kapiteln relativ wenig, viele Seiten kommen ohne Sprechblasen aus und die Panels stärken die Atmosphäre. Gleichermassen liest sich die Coming-Of-Age-Story sehr gut und einzelne Rückblenden ermöglichen das bessere Verständnis der Figuren.
Auch mit seinen Zeichnungen macht Dominik Jell alles richtig. Die Figuren wirken weich, die Umgebungen sind gut ausgearbeitet und lustige Details machen das gezeichnete Deutschland realer. «Crossing Borders» ist eine Lektüre über Verständnis und Intimität ohne Hast, welche die Probleme der Charaktere ernst nimmt und mit dem gebotenen Cliffhanger für Herzklopfen sorgt.
214 Seiten • Carlsen Manga • 978-3-551-78180-2 • Bestellen
Westliche Leserichtung, eine Übersetzung aus dem Englischen und Zeichnungen, die die gängigen Manga-Konventionen komplett ausblenden: «Afro Samurai» ist eine besondere Lektüre, der Action-Hit von Takashi Okazaki hat diese schicke Neuauflage als Einzelband wirklich verdient.
Auf über 300 Seiten voller Kämpfe und Blutspritzern begleiten wir Afro, den Träger des Stirnbands «Nr. 2», der Rache an der Nummer eins ausüben will. Dieser hat seinen Vater getötet, um den stärksten Kämpfer des Universums zu werden. Doch jetzt ist Afro bereit und macht sich auf den Weg, quer durch das Land und ohne Rücksicht auf Verluste.
Inhaltlich wäre es das bereits, besteht «Afro Samurai» fast nur aus Auseinandersetzungen zwischen Kämpfern. Der Klassiker setzt diese Prämisse mit viel Coolness um, überrascht mit einer Welt in der Samurai-Elemente auf moderne Technik prallen und Stirnbänder das begehrteste Gut sind. Okazakis Kracher besticht durch die grau-rote Farbgebung im 2000er-Stil, kommt nie zur Ruhe und ist ein Fest für Fans von Filmen wie «Versus». Tiefe gibt es in der Story nicht und gewisse Seiten sind unübersichtlich, dafür glühen die Klingen.
352 Seiten • Hayabusa • 978-3-551-62432-1 • Bestellen
Triggerwarnung: Suizidgedanken
Mika ist gemeinsam mit dem unsterblichen Hibino und dem Gott Erdi auf dem ins Totenreich für spirituelle Wesen. Um dort ihre verstorbene Freundin wiederzusehen, hat sie mit dem irdischen Reich bereits abgeschlossen. Als das Trio auf ihrem Weg auf eine neugierige Wissenschaftlerin stösst, welche die Unsterblichkeit erforschen will, kommen einige Fragen und Unsicherheiten auf.
Wer ist Hibino eigentlich, und ist Mikas Entscheidung wirklich gerechtfertigt? Auf sanfte Weise setzt sich Yuhki Kamatani im zweiten Band von «Hiraeth – Heimweh nach Endlichkeit» mit diesen Fragen und der Sehnsucht nach dem Tod auseinander. Vergnüglich sind die Gespräche zwischen den Figuren zu lesen, im Manga steckt viel Wärme und Herz; was dem Tod leicht den Schrecken nimmt.
Im Mittelteil dieser Trilogie, «Hiraeth» endet bereits mit dem nächsten Band, gibt es an den Zeichnungen nichts auszusetzen. Kamatanis Stil bewegt sich zwischen detailreichen Umgebungen und knuffigen Figuren, nutzt regelmässig Doppelseiten für elegante Layouts und lässt die Panelanordnung spielerisch erscheinen. Intelligente Unterhaltung mit Feingefühl und liebenswürdigen Charakteren, ich bin auf den Abschluss gespannt.
192 Seiten • Carlsen Manga • 978-3-551-80018-3 • Bestellen
Das Paralleluniversum, in dem die Small 3 gelandet sind, ist kein spassiger Ort. Aliens haben die Menschheit unter Kontrolle und Futaba auf ein Raumschiff entführt. Pyontaro, Tsubame und Horishi machen sich auf den Weg, das kleine Mädchen zu befreien. Glücklicherweise scheinen sie auf dieser Welt übermenschliche Kräfte zu verfügen, was die Invasoren aus dem Konzept bringt.
Ich war bereits nach dem ersten Band von «Thunder 3» in die clevere Mischung aus Multiversum-Action und grafischen Kontrasten verliebt, das hat sich mit der Fortsetzung nicht geändert. Es macht viel Spass, dem Treiben zuzusehen und die optische Diskrepanz zwischen schier fotorealistischen Hintergründen und den Cartoon-Figuren zu geniessen.
Inhaltlich überrascht Yuki Ikeda mit diversen unerwarteten Einfällen, welche die Science-Ficiton-Geschichte weniger brutalen gestalten und für Lacher sorgen. Dazu gibt es Action mit Kampfjets und ausserirdischen Maschinen, Doppelgänger und zeichnerischen Details, die beeindrucken. Bei «Thunder 3» scheint alles möglich und bereits das Cover im Filmposter-Stil ist ein Kaufgrund.
196 Seiten • Panini Manga • 978-3-7416-3959-3 • Bestellen
Der Untertitel der Reihe macht klar, was alles zusammenkommt: «Verliebt, verlobt, verpiss dich» verspricht Romance, Action und freche Wortgefechte. Und das liefert Asuka Konishi im ersten Band von «Yakuza Fiancé» auch, nur will das nicht überzeugen, was besonders an den Zeitsprüngen und dem Charakterdesign liegt.
Obwohl Yoshino Somei eine starke Persönlichkeit und Erbin eines Yakuza-Clans ist, wird sie von ihrem Grossvater zur Heirat mit dem Nachkommen eines befeindeten Clans gezwungen. Sie und Kirishima Miyama sollen mit ihrer Beziehung die Politik stabilisieren, ohne Mitspracherecht zu haben. Das klingt nach einem dummen Plan, den Yoshino aber doch akzeptiert und sich den patriarchalen Zwängen unterwirft!?
Überhastete Entwicklungen und Figuren, die alle gleich aussehen: «Yakuza Fiancé» hat einen holprigen Start und die Story wirkt wie eine Melange aus vielfach gelesenen Handlungselementen – ohne wirkliche Eigenständigkeit entfalten zu können. Zwischen den Hauptfiguren gibt es viele Konflikte, wahre Absichten werden geheim gehalten und die Zeichnungen wirken grob. Meinen Geschmack trifft das nicht.
160 Seiten • Manga Cult • 978-3-75730-346-4 • Bestellen
Manga Yomimono
Yominono; japanisch für Lesestoff. Das bieten wir mit dieser Beitragsreihe, regelmässige Lesetipps und Kurzkritiken zu aktuellen Veröffentlichungen im deutschsprachigen Markt. Damit euer Manga-Feuer nie ausgeht.
Alle bisherigen Ausgaben findet ihr hier.