von Michael Bohli • 10.10.2024
Die 32. Ausgabe von Manga Yomimono widmet sich frischem Material aus dem Hause Manga Cult. Horror, Action, Comedy und Science-Fiction; alles ist dabei.
Alles passiert in Phasen, auch unsere Besprechungen von Manga-Reihen. Dieses Mal liegt der Fokus beim Verlag Manga Cult und diversen neuen Serien. Zum Shocktober passt hervorragend die blutige Horror-Story «Pumpkin Night». Muahahahaa!
Der Titel und die Designs der Reihe erinnerten mich an «Nausicaä aus dem Tal der Winde», inhaltlich hält sich Tsutomu Nihei mit esoterischen Aspekten zurück. Wir begleiten Kaina, der gemeinsam mit den letzten Menschen auf der Erdmembran lebt. Die Lage scheint hoffnungslos, doch die Ankunft von Ririha aus dem Schneemeer zeigt neue Wege auf.
Wie es sich für eine Abenteuergeschichte gehört, machen sich die beiden gemeinsam auf, um sich gegenseitig Aspekte der Welt zu zeigen und die bevorstehende Katastrophe zu verhindern. Viele Details verrät Nihei im ersten Band nicht, zeigt sich im Gegensatz zu älteren Werken wie «Blame!» dialogfreudig.
Anders wirkt «Kaina of The Great Snow Sea» durch die Zeichnungen von Itoe Takemoto, der auf seinen Seiten fast keine Tusche verwendet und mit vielen feinen Strichen die Welt des Schneemeers hell und voller Licht wirken lässt. Das gibt es in der Form selten und passt wunderbar zum Inhalt. Aber etwas verwirrt mich: Kaina ist doch gar nicht aus dem Schneemeer, oder versteh ich den Titel falsch?
160 Seiten • Manga Cult • 978-3-75730-302-0 • Bestellen
Triggerwarnung: Mobbing, Suizid, sexuelle Belästigung
Onizuka hat es geschafft, er ist Lehrer an einer Privatschule und hat die Problemklasse 3D zugeteilt bekommen. Lauter Störenfriede und Halbstarke, die auf Konfrontationskurs gehen und einen normalen Schulalltag verhindern. Aber Onizuka kennt kein «normal» und macht sich daran, auf seine Art Ordnung herzustellen.
Lehrer-Mobbing, Saufgelage, Suizidversuche, heisse Mütter, Schlägereien und mehr – der zweite Doppelband von «GTO: Great Teacher Onizuka» findet keine Ruhe. Tôru Fujisawa lässt die Hauptfigur regelmässig durchdrehen und zeigt die Schulzeit in Japan als schrecklichen Lebensabschnitt. Auf den überfüllten Seiten tummeln sich extreme Darstellungen, zahlreiche Sprechblasen und viele Gesichter, die Story hangelt sich von einer Wendung zur nächsten.
Dass für Onizuka keine Konsequenzen entstehen und Schülerinnen die sexuelle Aufmerksamkeit mögen, macht «GTO» zu einem Fiebertraum für junge Männer. Die Action-Comedy will nicht ernsthaft gelesen werden, sondern unterhält auf die Art der Nuller- und Zehnerjahre weiterhin.
392 Seiten • Manga Cult • 978-3-75730-331-0 • Bestellen
Empfohlen ab 18 Jahren!
Es ist Shocktober, Zeit für blutige, schauderhafte Geschichte. Passenderweise startet mit «Pumpkin Night» bei Manga Cult eine Reihe, die brutaler ist als mancher Horrorfilm. Die Story ist simpel gehalten: In der Mittelschule wurde Naoko Kirino von ihren Mitschüler:innen gemobbt, jetzt ist sie aus der psychiatrischen Anstalt ausgebrochen und will sich als «Pumpkin Night» an den Peinigern rächen.
Mit Kürbismaske und diversen Waffen ausgestattet, besucht Naoko Asumi, was in einem Blutbad endet. Doch dieses Massaker ist erst der Anfang, Naoko hat noch viele, mörderische Pläne. Masaya Hokazono hält die Leserschaft nicht lange hin und liefert von der ersten Seite an hohes Tempo und regelmässige Action mit Schreckmomenten.
Seima Taniguchis Zeichnungen lassen das Blut tiefschwarz über die Seite spritzen, laben sich an den gewalttätigen Details und bieten genügend Details, um die Welt glaubhaft erscheinen zu lassen. Alles in allem ist der Auftakt zu «Pumpkin Night» ein netter Schocker, der Horror-Fans gut unterhalten wird.
168 Seiten • Manga Cult • 978-3-75730-394-5 • Bestellen
Um Fuyumi zu retten, hat sich Staz in die Höhle des Löwen begeben. Genauer gesagt, in das Reich seiner Geschwister. Dort angekommen wurde er in Liz Gefängnis gesteckt und darf sich mit übermächtigen Zombies herumschlagen. Bell und Wolf versucht derweil den Dämon Akim zu besiegen, der ihre Pläne durchkreuzen könnte.
Alle Hände voll zu tun im zweiten Band der Extreme Edition von «Blood Lad», doch so mögen wir unsere Shonen-Manga. Yuuki Kodama liefert auf den über 300 Seiten nicht nur Konfrontationen, sondern unterhaltsame Dialoge und freche Figuren. Die Dämonenwelt dieser Reihe birst schier vor Sarkasmus und Selbstironie.
Die Genremankos bleiben aber nicht aus, so sind Fuyumi und Bell weiterhin dazu da, ihre Körper zu präsentieren und haben wenig Einfluss auf die Abenteuer. Der Zeichnungsstil liefert bei den Hintergründen wenig Details, dafür witzige Figuren und ausdrucksstarke Gesichter. Eine flotte Lektüre ist «Blood Lad» auf jeden Fall.
368 Seiten • Tokyopop • 978-3-8420-9162-7 • Bestellen
Die Grundlage der Geschichte von «Darling In The Franxx» spielt mit denselben Elementen wie Science-Fiction-Klassiker «Neon Genesis Evangelion», schmeisst uns das Worldbuilding aber in wenigen Seiten vor den Latz. Code:000 macht beim Manga keinen Hehl daraus, dass es um halbnackte Figuren, sexuelle Anspannung und Mecha-Kämpfe geht. Tiefsinn oder komplexe Entwicklungen müssen nicht sein.
Der erste Band wirkt wie ein wahrgewordener, feuchter Traum eines Teenagers. Die weiblichen Figuren ziehen blank, spielen die unterwürfigen, eifersüchtigen Sidekicks, und werden trotz ihres jungen Alters stark sexualisiert. Sogar die grossen Kampfroboter, welche die zum Ödland gewordene Erde vor den Klaxosauren verteidigen, müssen in Sexpositionen gesteuert werden. Ähm, ok?
Dass alle Figuren wie Schablonen agieren und die Zeichnungen von Kentaro Yabuki leicht steril wirken, hilft der Gesamtwirkung ebenfalls nicht. Um wirklich gefallen zu können, muss «Darling In The Franxx» inhaltlich in den kommenden Bänden mehr Nahrung vorweisen.
192 Seiten • Manga Cult • 978-3-75730-316-7 • Bestellen
Ray wollte bloss die Welt erkunden und Menschen finden, jetzt ist er zum Auserwählten Zero geworden und soll von der Moskauer Armee als letzte Waffe gegen die Maschinen eingesetzt werden. Das über ihn entschieden wird, darf nicht sein, egal wie verfeindet oder festgefahren die Fronten auf der Welt sind.
Der grosse Konflikt zwischen den Menschen und Maschinen hat die Erzählung von «Alma» übernommen, mit Rays neuen Kontakten ist aus der verlassenen Dystopie ein Kriegsgebiet geworden. Das nutzt Shinji Mito, um grosse Fragen zu Selbstbestimmung und Rache zu behandeln und in die Action einzubetten.
Die dicht gefüllten Seiten wirken manchmal zu eng gezeichnet, der Stil passt sonst zu «Alma». Technische Elemente und strenge Gesichter, Maschinen und verletzliche Menschen – ein Spektrum, das sich in der Emotionalität wiederfindet. Leichte Comedy-Passagen und melancholische Szenen baut Mito gelungen ein.
192 Seiten • Manga Cult • 978-3-75730-343-3 • Bestellen
Zurück in die Neunzigerjahre, als Manga weniger realistisch gezeichnet und sich die Leserschaft mit Geschichten zufriedengaben, die episodisch erzählt wurden. «Yu Yu Hakusho», das als Complete Edition bei Manga Cult erscheint, ist ein vergnügtes Action-Comedy-Beispiel, das sich wunderbar zwischendurch liest.
Die Erlebnisse des Schülers und Schlägertypen Yusuke Urameshi dienen als Rahmen, muss er nach einer tödlichen Rettungsaktion im Jenseits warten, bis er in die Welt der Lebenden zurückkehren darf. Gemeinsam mit der Seelengeleiterin Botan schwebt er über unseren Köpfen und greift und ab und zu in den Alltag ein.
Die Spiritualität Japans ist für die Inhalte von «Yu Yu Hakusho» wichtig, verweben sich hier Geister- und Menschenwelt auf witzige Weise. Yoshihiro Togashi erzählt feinfühlige Momente und Krawall zugleich und findet die richtige Mischung aus Unterhaltung und Drama. Die Zeichnungen sind knuffig, das grössere Format passt super dazu.
312 Seiten • Manga Cult • 978-3-75730-304-4 • Bestellen
Magst du deinen Geburtstag? Ist es der schönste Tag im Jahr? Dann stell dir vor, du erlebst ihn bereits zum 1033. Mal hintereinander. Yay! So geht es zumindest Schülerin Pieta, welche fast ewig in einer Zeitschlaufe gefangen ist. Sie hat die Abläufe verinnerlicht und versucht nichts zu verändern, um mit ihrem Unglück niemanden zu gefährden.
Als ihre Mitschülerin Danae die Zeitschlaufe ebenfalls realisiert, dringen sie gemeinsam ins Mysterium ein. Denn wie es sich für eine solche Geschichte gehört, muss die Wiederholung gestoppt werden. Das Tolle an «Coffee Moon» ist aber nicht nur die Storymechanik, sondern die Ausgestaltung der Welt.
Mochito Bota liefert detailreiche Zeichnungen voller Schatten und Gothic-Vibes, die Kostüme sind ausgefallen und die Charaktere verhalten sich angenehm mysteriös. Ich bin gespannt, wie viel Kaffee Pieta noch braucht, um die Zeitschleife zu durchbrechen.
164 Seiten • Manga Cult • 978-3-75730-354-9 • Bestellen
Manga Yomimono
Yominono; japanisch für Lesestoff. Das bieten wir mit dieser Beitragsreihe, regelmässige Lesetipps und Kurzkritiken zu aktuellen Veröffentlichungen im deutschsprachigen Markt. Damit euer Manga-Feuer nie ausgeht.
Alle bisherigen Ausgaben findet ihr hier.