von Michael Bohli • 15.02.2024
Einzelbände, Luxus-Editionen und Fortsetzungen: Die sechste Ausgabe der Manga-Reihe bietet mit «Teufelsfisch», «I.O.N», «Die Blutprinzessin» und mehr einiges an Abwechslung. So macht lesen Spass.
In der Nacht lauern die Schrecken, das haben wir in der Kindheit gelernt und das zeigen die neusten Bände der Manga-Reihen «Die Blutprinzession» und «Die linke Hand Gottes und die rechte Hand des Teufels». Heftige Momente für Horror-Fans, als Ausgleich gibt es mit der Luxusausgabe von «I.O.N» eine romantische, gefühlvolle Geschichte. Ebenfalls ins Herz geht die Fortsetzung von «Der Sommer, in dem Hikaru starb», eine Reise in die Vergangenheit Japans bietet «Teufelsfisch». Das soll noch jemand sagen, bei Manga dreht sich alles nur um Schulprobleme.
In einem AKW zu arbeiten, ist hart und gefährlich – auch bei Normalbetrieb. In zwei Kurzgeschichten, welche die Sammlung «Teufelsfisch» eröffnen, erzählt Mangaka Susumu Katsumata von diesen Tätigkeiten, Jahrzehnte vor der Katastrophe in Fukushima. Prophetisch sind die Inhalte aber nicht, sondern realistisch und ein Blick auf die Beziehung zwischen Menschen und Natur.
Das ist auch bei den restlichen Geschichten im Sammelband ein zentraler Aspekt. Katsumata hat die Erzählungen in den Siebziger- und Achtzigerjahren geschaffen und verbindet in eleganten und feinen Zeichnungsstil die Werte der Moderne mit mystischen Folk-Elementen des frühen Japans.
Das resultiert in Episoden, die nicht immer klar zu deuten sind, aber stets mit dichter Atmosphäre aufwarten und optisch beeindrucken. Die realistische Natur und die Cartoon-ähnlichen Figuren verbinden sich in schönen Stillleben und lassen Fabelwesen auf Hoffnungen und Sorgen treffen. Ergänzt wird der schöne Comicband um ein Glossar und zwei Nachworte, welche die Geschichten kontextualisieren.
240 Seiten • Reprodukt • 978-3-95640-354-5 • Bestellen
Yoshiki dachte, er komme damit klar, dass der Körper seines besten Freundes Hikaru von einem Geisterwesen übernommen wurde. Allerdings trägt die Kopie nicht nur eine Gefahr in Innern, sie verhält sich auch anders. Die Sommertage füllen sich mit Unsicherheiten und Streit, die Zuneigung zwischen den beiden Jungs formt sich zur Gefahr um.
Mokumokuren zaubert, auch im zweiten Band von «Der Sommer, in dem Hikaru starb». Perfekt werden die Genres Mystery, Coming Of Age und Boys Love zu einer emotional mitreissenden Geschichte vermischt, in der die erste Liebe als Nährboden der persönlichen Entwicklung von Geistern und dunklen Mächten verdorben wird.
In wunderschön gestalteten Seiten, die mit realistischen Hintergründen, vielen Schattierungen und ansprechenden Gesichtern aufwarten, entwickelt sich «Der Sommer, in dem Hikaru starb» mit jedem Kapitel zu einer tragischen Geschichte, die Unsicherheiten, Freundschaft und Trauma realistisch und empathisch wiedergibt. Ein Highlight, auch in winterlichen Zeiten.
200 Seiten • Altraverse • 978-3-7539-1743-6 • Bestellen
Wie gross willst du die Augen der Charaktere? Ja! So stellt man sich die Gespräche hinter den romantischen Manga-Veröffentlichungen aus den Neunzigerjahren vor. Keine Ausnahmen macht «I.O.N» von Arina Tanemura, deren Figuren sehr süss gestaltet sind. Das tut dem Vergnügen dieses Einzelbandes logischerweise keinen Abbruch.
Die romantische Geschichte mit Fantasy-Anteilen ist als neue Luxury Edition nicht nur wunderbar aufbereitet und in grossem Format gedruckt, sie erquickt das Herz und überzeugt mit einer guten Balance zwischen Humor, Romanze und High-School-Abenteuer. Im Zentrum steht die titelgebende Ion, die durch ein Schulexperiment ihre telekinetischen Kräfte entdeckt.
Das bedeutet nicht nur Veränderungen im Alltag, sondern ein neuer Bewunderer (der richtig gut aussieht) und eine neue Erzfeindin. Die optimistische Ion lässt sich aber nicht unterkriegen! Und wir uns auch nicht, sind die Zeichnungen von Arina Tanemura umwerfend hübsch, die Story herzerwärmend und die Details und Layouts perfekt getroffen. Grosse Empfehlung für alle, die etwas Positivität brauchen.
244 Seiten • Egmont Manga • 978-3-7555-0190-9 • Bestellen
Wie schlimm kann das Leben werden? Osamu wurde von der Vampirfrau Miwako zu ihrem Diener gemacht, muss sich in tödlichen Kämpfen mit anderen Monstern messen und hat einen entstellten Körper. Immerhin kann er so seinen Schwarm Chika am Leben erhalten, doch das Auftauchen von Meisterin Chiaki und ihrem Gehilfen bringt alles in Gefahr.
Für «Die Blutprinzessin» hat Mangaka Hirohisa Satou die bekannten Elemente der Vampirsaga zu einem blutigen, grauenvollen und sexuell aufgeladenen Horror-Manga umgewandelt. Praktisch keine Seite kommt ohne entstellte Gliedmassen, abgetrennte Körperteile oder sonstige Schrecken aus. Die grafische Qualität macht die Anblicke nicht einfacher.
Detailreich und mit schönen Gesichtern zeichnet Satou seine Story, der zweite Band der Reihe lässt Osamu noch tiefer in einen Strudel aus Lügen, Sucht, Gewalt und Abhängigkeit geraten. Sogar der totgeglaubte Mitschüler Soichi taucht wieder auf, die Schatten werden dunkler. «Die Blutprinzessin» ist harte Kost für Freund:innen des Genres.
192 Seiten • Egmont Manga • 978-3-7555-0165-7 • Bestellen
Mit diesem zweiten, sehr seitenstarken Hardcoverband ist die Geschichte um den Schüler Sou überstanden. Und ja, diese Wortwahl ist beabsichtigt, ist der Horror-Manga «Die linke Hand Gottes und die rechte Hand des Teufels» von Kazuo Umezz ein brutales, grausames Leseerlebnis, das ich in der Form noch nie erlebt habe.
Zwei lange Geschichten füllen den Band, unterteilt in kurze Kapitel werden Splatter-Sequenzen, grafische Albträume und psychologischen Dauerstress auf die Charaktere und Leserschaft losgelassen. Sou und seine Mitmenschen versuchen dem Bilderbuch malenden Serienmörder auf die Schliche zu kommen und wollen den Totenschatten stoppen. Das bedeutet Schrecken, Leid und viel Blut.
Kazuo Umezz hat die Seiten mit vielen grausigen Details, kleinen Panels und grossformatigen Brutalitäten gefüllt. Horror trifft in allen Belangen zu, unter 18 Jahren sollte dieser Manga nicht gelesen werden. Vieles ist erschütternd und positioniert Umezz noch heute an der Spitze des Genres. Schade bloss, sind einige Seiten durch den Scan etwas unsauber betreffend Druckerschwärze und Schattierungen geraten.
640 Seiten • Egmont Manga • 978-3-7555-0062-9 • Bestellen
Manga Yomimono
Yominono; japanisch für Lesestoff. Das bieten wir mit dieser Beitragsreihe, regelmässige Lesetipps und Kurzkritiken zu aktuellen Veröffentlichungen im deutschsprachigen Markt. Damit euer Manga-Feuer nie ausgeht.
Alle bisherigen Ausgaben findet ihr hier.