Milo Rau: Was Theater kann

von Michael Bohli • 01.07.2023

Verlag: Geparden Verlag
192 Seiten • Hardcover
Erscheinungstermin: 01.03.2023
ISBN: 978-3-907406-04-5

Diskurs, Politik und globale Projekte: «Was Theater kann» ordnet das Schaffen von Autor und Regisseur Milo Rau neu ein. Die gesammelten Essays und Gespräche dienen als Anstoss zu inklusiven Handlungen.

«Was Theater kann» ist ein Titel, der scheinbar exklusiv eine Kunstform behandelt. Im Essayband von Milo Rau wird der wahre Inhalt allerdings offenbart, sobald man den Schutzumschlag des Buches entfernt. Zum Vorschein kommt der Satz «Warum Kunst?», handschriftlich von Rau verfasst und die Tragweite seiner Gedanken umfassend.

Die gesammelten Texte der Publikation greifen viel weiter, als sich bloss mit Theater und der dazugehörigen Theorie zu beschäftigen. Wie es beim Schaffen von Rau an der Tagesordnung ist, werden in Reden und Gesprächen globale Strukturen, vorherrschende Machtgefälle und die Essenz der Kunst behandelt. Die Lektüre lohnt sich für alle wachen Menschen, nicht nur Theater-Kenner:innen.

Nach der Einführung von Sibylle Berg, als Laudatio Ende 2022 gehalten, kommt der in Bern geborene Regisseur und Autor selbst zu Wort. Der Vortrag zu den Hanna Arendt-Tage 2018 führt uns vor Augen, wie wichtig das individuelle Engagement ist, wie das Böse in der Welt funktioniert und wie Kunst in jeglicher Form dagegen vorgehen kann.

Bereits nach wenigen Seiten merkt man: «Was Theater kann» fesselt, offeriert konfrontative Aussagen und lässt Nachdenken. Das Buch ist keine Darstellung der Arbeiten von Milo Rau, sondern ein Blick hinter die Kulissen und in seine Denkweisen. Beim Gespräch mit Theaterkritiker Marijn Lems werden Werkzeuge und Arbeiten untersucht, Visionen gesponnen und die aktuelle, sozial-politische Weltlage anhand der ausgeführten Projekte Raus neu eingeordnet.

«Was Theater kann» ist keine Verteidigung von Milo Raus Arbeitsweisen und Inszenierungen, sondern ein Anstoss zum Diskurs, zu eigenen Handlungen und dem Versuch, die Welt mit Kulturprojekten politisch zu ändern. In der Hoffnung, dass die nachfolgenden Generationen ein Leben mit mehr Gleichheit und Gerechtigkeit erleben werden.