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Pro Libris: Eine Föderation für das Buch

von Cornelia Hüsser • 29.10.2023

Die «Föderation der Leselust»: nicht weniger will Pro Libris aus Zofingen sein. Das neue Projekt der Buchhandlung Leserei setzt es sich zum Ziel, die Schweizer Literaturszene zu unterstützen. Wir haben Corina und Cheryl zum Gespräch getroffen.

Lesungen sind schon lange ein Fixpunkt der Leserei. Und sie sind bei Weitem nicht so fade und trocken, wie sich das vielleicht manche vorstellen mögen: Ob Krimi, Kochbuch oder Comic – an den Veranstaltungen tummelt sich alles, was zwischen zwei Buchdeckeln veröffentlicht werden kann. Nun sollen im Rahmen von Pro Libris Lesungen noch stärker gefördert werden. 

Phosphor: Welches war die erste Lesung, an die ihr euch erinnern könnt?

Cheryl: Franz Hohler. Er kam für eine Lesung an die Kanti, und ich fand es spannend – vor allem, weil er auch über das Schreiben an sich gesprochen hat.

Corina: Bei mir war es Endo Anaconda in der Buchhandlung Mattmann, als ich noch in der Lehre war. Er hat während der Lesung zwei Flaschen Rotwein getrunken.

Das klingt doch eher ungewöhnlich. Aber gibt es überhaupt «typische» Lesungen?

Cheryl: Diese Vorstellung: Ein Autor kommt, setzt sich hin, liest vor und geht wieder – das gibt es durchaus, ist aber eher selten.

Corina: Ich glaube, so selten ist das gar nicht. Wir buchen diese Autor:innen einfach nicht unbedingt. Zwar wissen wir nicht im Voraus, wie ihr Lesestil ist, aber anhand der Bücher und auch Social Media bekommt man ein Gefühl dafür.

 

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Es ist ja nicht zwingend so, dass jemand, der gut schreibt, auch gut vorliest …

Corina: Das stimmt. Ich finde aber auch, dass man nicht den Anspruch haben sollte, dass jede:r Lesungen macht. Es muss einem liegen.

Cheryl: Und es sind auch nicht alle Bücher für Lesungen geeignet.

Warum sind denn Lesungen etwas, das für alle interessant ist?

Corina: Lesungen sind eine Bereicherung, ein Erlebnis. Ich mag vor allem den Austausch danach – mit den Lesenden, aber auch untereinander.

Cheryl: Lesungen sind dann ein Mehrwert, wenn man etwas erfährt, was man nicht im Buch selbst nachlesen kann. Darum mag ich es, wenn Autor:innen beispielsweise von ihrem Schreibprozess erzählen. Man hat danach einen ganz anderen Bezug zum Buch. Und wir können uns an den Lesungen auch einmal ungezwungen mit den Kund:innen austauschen.

Lest ihr Bücher vor oder erst nach der Lesung?

Cheryl: Wenn ich eine Lesung moderiere, lese ich das Buch natürlich vorher. Ansonsten mache ich das bewusst nicht.

Corina: Kommt auf die Art des Buchs an. Ich lese es auch eher erst danach. Wir haben aber demnächst eine Sachbuchlesung – da würde ich beispielsweise empfehlen, es vorher zu lesen, weil so angeregte Diskussionen entstehen können. Es ist sehr individuell.

Wie ist die Idee zu Pro Libris entstanden ?

Corina: Wir veranstalten ziemlich viele Lesungen und haben den Anspruch, allen ein angemessenes Honorar zu bezahlen. Die Jahresbeiträge der Pro-Libris-Mitglieder ermöglichen uns diesbezüglich eine gewisse Planungssicherheit. Für etwas anderes werden die Beiträge auch nicht verwendet. Ausserdem hoffen wir natürlich, dass dadurch wieder mehr Leute an unsere Lesungen kommen.

Cheryl: Mit Pro Libris kann man ein Jahr lang alle unsere Lesungen besuchen. Wir hoffen, dass unsere Mitglieder dadurch auch einmal vorbeikommen, wenn sie den Autor oder die Autorin noch nicht kennen – einfach, weil es ein schönes Erlebnis ist.

Corina: Wir möchten auch das Bewusstsein dafür fördern, dass Lesungen für Autor:innen wichtig sind. Die wenigsten können nur vom Verkauf ihrer Bücher leben.

 

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Pro Libris ist eine Föderation. Das klingt ziemlich feudal.

Corina: Wir protzen einfach gerne (lacht).

Cheryl: Eine Föderation ist ein Zusammenschluss – also genau das, was wir sind. Andere Formen wie ein Verein hätten wieder einen gewissen Verwaltungsaufwand mit sich gebracht; wir wollten die Schwelle aber tief halten.

Anarchismus ist auch eine Föderation. Wie wild geht es bei euch zu und her?

Cheryl (lacht): Bis jetzt noch nicht sehr wild.

Corina: Das braucht noch Zeit. Momentan sind wir dabei, die Leute auf Pro Libris aufmerksam zu machen. Die Idee ist aber in der Branche bereits auf positives Echo gestossen. Wir können uns für die Zukunft auch vorstellen, mit anderen Buchhandlungen zusammenzuarbeiten.

Könnt ihr schon etwas zu kommenden Highlights sagen?

Corina: Harald Welzer am 31. Oktober, das wird fantastisch! Ausserdem planen wir ein Pro-Libris-Lesewochenende in den Bergen und einen Ausflug in eine andere Buchhandlung.

Cheryl: Und natürlich viele tolle Lesungen für das kommende Jahr.


Lest auch unseren Bericht über die Lesung von Markus Kirchhofer in der Leserei.

Pro Libris

Pro Libris wurde gegründet, um die Schweizer Literaturszene zu unterstützen. Die Mitgliederbeiträge kommen vollumfänglich den Vorlesenden zugute. Mitglieder besuchen dafür sämtliche Lesungen der Leserei kostenlos.

Website: pro-libris.ch

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