Sandro Ramseier: Shantiland

von Michael Bohli • 21.02.2024

Verlag: Luftschacht Verlag
104 Seiten • Hardcover
Erscheinungstermin: 01.11.2023
ISBN: 978-3-903422-42-1

Knallbunt und sexuell aufgeladen zeigt sich die Welt, die Sandro Ramseier in «Shantiland» beschreibt. Ein Comic über Konsumgeilheit, spirituelle Scharlatane und Selbstfindung.

«Shiva Live TV» war gestern, heute gibt es die volle Dröhnung spirituelle Heilung bei «Shanti Vision». Direkte Beratung im Fernsehen, grossartiges Merchandise und das begeisternde Vergnügungsparadies Shantiland! So sieht es zumindest der Scharlatan Arno, der das Shanti-Imperium von seinem Vater geerbt hat. Die Kassen müssen klingeln!

Allerdings ist es nicht so einfach, die Kunden bei sich zu halten, denn mit Shin Shoyu ist ein neuer Gegenspieler aufgetaucht, der die Leute nicht bloss hinters Licht, sondern direkt in die Erleuchtung zu führend scheint. Arno kann das nicht auf sich sitzen lassen und will Shoyu zerstören, am besten von Innen.

 

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Was folgt, ist ein schlimmer Trip in neonfarben getauchte Umgebungen, zwischen Wahn, Arroganz, Drogen und Geldgier. Beim Comic «Shantiland» gibt es am Ende nicht die Wahrhaftigkeit, sondern den Sturz in den Abgrund als Belohnung. Die 100 Seiten, welche von diesem Albtraum erzählen, sind von zeichnerischer Brillanz; Sandro Ramseier aus Interlaken legt mit seinem Debütwerk ein Fest der Grafik vor.

In seinen Panels lauern brachiale Darstellungen, Fantasiewesen, eine vom Kapitalismus zerfressene Gesellschaft und unzählige Anspielungen auf sexuelle Handlungen. Die klare Linie und die bunte Farbpalette lassen «Shantiland» wie chemische Substanzen wirken, ganzseitige Illustrationen betören mit aufgebrochenen Layouts und vielen Details.

«Shantiland» ist eine Abrechnung mit der Scheinheiligkeit der esoterischen Ecke, ein Schlag ins Gesicht des Turbokapitalismus und Gesellschaftssatire. Je weiter man in der Geschichte von Ramseier vordringt, desto stärker lösen sich die Grenzen zwischen Realität und Wahnsinn auf, der Grafiker und Illustrator zückt alle Register seines Könnens; zur schelmischen Freude der Leserschaft.