von Cornelia Hüsser • 11.09.2023
Vom 14. bis 17. September 2023 zeigen die Brugger Dokumentarfilmtage neue Filme aus aller Welt. Schwerpunktthema der zweiten Ausgabe ist „Porträts“. Wir haben dem Team Fragen gestellt und einige Tipps bereit.
Zwei Jahre nach der ersten Ausgabe kehren die Brugger Dokumentarfilmtage zurück. Vom 14. bis 17. September 2023 dürfen an diversen Spielorten 30 Dokumentarfilme und 20 Kurzfilme gesichtet werden.
In der Kategorie «Portraits» werden diverse Schweizer Vorpremieren gezeigt – unter anderem «She Chef» über die Spitzenköchin Agnes Karrasch, «Apolonia, Apolonia» über die Malerin Apolonia Sokol oder «Dreamers», ein Porträt eines in den USA lebenden Sans-Papiers aus Mexiko. Erstmals wurde ausserdem ein Wettbewerb für junge Dokumentarfilmschaffende lanciert, dessen Auswahl in drei Programmen gezeigt wird.
Wir haben vorgängig mit Stephan Filati vom Festivalteam gesprochen.
Phosphor: Bald geht es los, wie ist die Stimmung?
Stephan: Grosse Vorfreude!
Was bieten die Brugger Dokumentarfilmtage?
30 Langfilmdokus aus der ganzen Welt, viele als Schweizer Premieren, einige sogar als Weltpremieren. Die Weltpremiere von Hanspeter Bänis erstem Kinodokumentarfilm «Ihr könnt jetzt gehen» wird mit einer kleinen Retrospektive an ihn und sein dokumentarisches Schaffen im Schweizer Fernsehen gefeiert.
«Porträt» lautet das Schwerpunktthema des diesjährigen Festivals und zieht sich durch das gesamte Programm. Porträts im Dokumentarfilm werden mit einem Podium zum Thema und einer Retrospektive aus acht Filmen behandelt.
Im neuen Kurzfilmwettbewerb werden 20 Filme von jungen Filmschaffenden gezeigt, die im Rennen um den Kurzfilmpreis sind. Auch das Publikum darf für seinen Favoriten abstimmen. Insgesamt wurden über 120 Beiträge eingereicht. Nebst den zahlreichen Filmgesprächen wird das Programm mit dem Bühnenstück «Wiibli ond Mandli» im Zusammenhang mit dem Film «Beyond Tradition» ergänzt und mit einer Videoarbeit von Künstler Christoph Oertli im Zimmermannhaus bereichert.
Wie werden die Filme für euer Programm ausgewählt?
Wir besuchen einerseits Festivals im In- und Ausland, um die Filme zu visionieren; andererseits schauen wir auch, welche Dokumentarfilme bei den Schweizer Filmverleihern in den kommenden Monaten ins Kino kommen. Es ist uns wichtig, einen Überblick über das aktuelle Dokumentarfilmschaffen auf der Welt mit Fokus Schweiz zu zeigen.
Dokus im Kino, eine schwierige Situation. Wieso eigentlich?
Dokumentarfilme haben zu Unrecht ein etwas verstaubtes Image. Wir geben alles, um dieses Vorurteil zu widerlegen.
Setzt sich das Publikum bei solchen Filmen anders zusammen als bei Spielfilmen?
Das Publikum bei Dokumentarfilmen war bis anhin durchschnittlich etwas älter, aber auch daran arbeiten wir.
Aktuell gibt es sehr viele Dokus, die einzelne Personen porträtieren. Worin liegt der Reiz?
Der Einblick in das Leben einer Person auf 90 Minuten komprimiert auf der grossen Leinwand: Das ist doch etwas vom Spannendsten, das man im Kino schauen kann.
Welches ist die beste Doku aller Zeiten?
Das ist Geschmacksache. Eine, die mich sehr nachhaltig berührt hat und die ich immer wieder gerne anschaue, ist «Be Here To Love Me» über den Musiker Townes van Zandt.
Im Frühling das Brugggore, im Herbst die Dokumentarfilmtage: Wird Brugg zur Kantonshauptstadt des Films?
Was heisst hier «wird»? 🙂
Was ist die ominöse Excelsior Suite?
Eines der bestgehüteten Geheimnisse der Menschheit, das erst am Festival gelüftet wird. 🙂
Auch wir haben einige Filme aus dem Programm bereits gesichtet. Ein Einblick.
Bei einer Versteigerung entdeckt der Regisseur John Maloof eine grosse Fotosammlung. «Finding Vivian Maier» dokumentiert sein Eintauchen in das Leben der Fotografin, die als eine der wichtigsten Street Photographers des 20. Jahrhunderts gilt – eine exzentrische, nicht nur sympathische Frau, was dieses Porträt umso interessanter macht.
Ein anderer Fotograf wird im Film «The Salt Of The Earth» beleuchtet: Sebastião Salgado bereist die entlegensten Orte der Welt, um die Schönheit und Wildheit von Mensch und Natur zu dokumentieren. Der Film zeichnet sein Leben nach – wenn auch ohne wirklich hinter die Fassade zu gelangen. Bewegend sind die Bilder und die Geschichten dahinter aber dennoch.
Mit «I Giacometti» zeichnet Susanna Fanzun das Wirken und Leben der bekannten Familie nach und verbindet in der Inszenierung nachgespielte Szenen mit Archivaufnahmen, Interviews und Projektionen von Bildern und Briefen. Der Fokus des Filmes liegt bei Vater Giovanni und Sohn Alberto; Neues erfährt man allerdings wenig, Rückschläge und Tiefen werden – leider – ausklammert.
Einmalige Einblicke in die Arbeit eines der bedeutendsten Künstler der Gegenwart bietet dafür «Gerhard Richter Painting». Durch die Kamera beobachten wir den Maler in seinem Atelier, wo er an einer Serie grosser abstrakter Bilder arbeitet. Der Fokus liegt auf dem Entstehungsprozess; ob man seine Kunst mag oder nicht, spielt beim Filmgenuss keine grosse Rolle.
Und dann ist da noch «Exit Through The Gift Shop» – eine Mockumentary von Banksy über Banksy, der vor allem durch seine Story überzeugt (der Street-Art-Künstler drehte den Film selbst, weil ihm das ursprüngliche Projekt eines französischen Hobbyfilmers zu dilettantisch war). Ein gelungener Kommentar auf Realität und Inszenierung im Dokumentarfilm.
Brugger Dokumentarfilmtage
Ort:
Cinema Odeon • Cinema Excelsior • Salzhaus
Datum:
14. bis 17. September 2023
Website:
brugger-dokumentarfilmtage.ch