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Das BRUGGGORE im Interview

von Cornelia Hüsser • 25.04.2023

Die dritte Ausgabe des Brugggore Filmfestival bietet vieles: Genrefilme en masse, zwei Kinosäle, Schweizer Premieren und viel Leidenschaft. Wir haben mit den Machern hinter dem Event gesprochen.

Vier Tage Kino, fast pausenlos, bis man sich zitternd in sein Bett verkriecht. Das Brugggore Filmfestival fordert einiges von seinem Publikum, belohnt aber auch. Mit grossartigen Perlen aus den Bereichen Horror, Mystery und Fantasy; mit Trash und Nonsens, mit einem erweiterten Festivalprogramm.

Ende April verwandelt sich Brugg im Aargau zum Szenentreffen, wir haben mit Gründer Michel Frutig und dem technischen Leiter Stephan Filati über die diesjährige Ausgabe gesprochen. Logischerweise im Kino Excelsior, mit einigen Flaschen des offiziellen Festivalbiers auf dem Tisch.

Phosphor: Wer und was ist das Brugggore?

Michel: Das Brugggore ist ein Filmfestival mit dem Motto «Fantastic Horror and Beyond». Zu Beginn waren wir auf Horrorfilme spezialisiert, mittlerweile öffnen wir uns auch in andere Richtungen. Initiiert wurde es von mir; Stephan als Kinobetreiber hat uns von Anfang an unterstützt und spielt eine essenzielle Rolle.

Phosphor: Wie zufrieden seid ihr mit der Entwicklung? Die erste Ausgabe fand unter etwas speziellen Umständen statt …

Stephan: … mit Corona-Restriktionen und 50 Leuten, dafür komplett ausverkauft!

Michel: Persönlich bin ich sehr zufrieden damit, wie es sich entwickelt. Dieses Jahr kommt ein zweites Kino hinzu, inklusive kleinem Festivalzentrum beim Odeon. Wir hoffen, dass so noch etwas mehr Festival-Feeling aufkommt, wenn sich die Leute in der Stadt über den Weg laufen. Einige Maniacs haben sogar das neue Übernachtungs-Package gebucht.

Phosphor: A propos: Wie innovativ muss denn das Kino heute sein?

Stephan: Sehr. Es steht und fällt damit, was du anbietest. Nur Filme zu zeigen, reicht nicht mehr aus. Innovative Formate holen die Leute wieder ins Kino, ein gutes Gastro-Angebot und angenehme Räumlichkeiten laden ein, noch etwas zu bleiben.

Phosphor: Wo steht denn das Brugggore bei der 10. Ausgabe?

Michel: Wir haben durchaus Ausbaupläne. Bisher haben wir Fördergelder und Sponsoring vernachlässigt, das soll sich ändern. Etwas Kleines, das bereits in Planung ist, ist ein VHS Dungeon – ein kleiner Kellerraum, in dem «Video Nastys» laufen. Auch zusätzliche Tage oder Spielorte wären für die Zukunft toll. Aber wir wollen nicht gleich grössenwahnsinnig werden (lacht).

Phosphor: Wobei das Brugggore in kurzer Zeit extrem gewachsen ist.

Michel: Ja, wir haben uns mit der zweiten und der dritten Ausgabe jeweils verdoppelt. Das war möglich, weil wir vieles selbst machen und mit einbringen konnten.

Phosphor: Zwei Filme im aktuellen Programm stechen heraus: «Salò» und «Beau Is Afraid».

Michel: Bei «Beau Is Afraid» ist die Erklärung simpel: der Kinostart passt perfekt, und Ari Aster hat sich in der Vergangenheit mit seinen modernen Horrorfilmen hervorgetan. Und «Salò» hat eine magische Ausstrahlung, weil er damals praktisch nicht zu bekommen war – oder nur in desolatem Zustand.

Phosphor: Horrorfilme und die Masse: ist ein gewisser Anspruch da?

Michel: Man versucht immer, sich das schönzureden (lacht). Aber wir haben jetzt beispielsweise auch «Kill Her Goats» im Programm, wo alle weiblichen Figuren erst einmal in der Dusche etabliert werden. Das ist natürlich Stumpfsinn, aber auch der hat Unterhaltungswert und sein Publikum. Trotzdem kann man sich fragen, ob es in manchen Fällen nicht sinnvoll wäre, einen Kontext zu geben und den Dialog zu ermöglichen.

Phosphor: Beispielsweise bei «Salò», der ja eigentlich eine Faschismuskritik ist.

Michel: Genau. Leider war uns das bisher ressourcentechnisch nicht möglich, da das ganze Team ehrenamtlich für das Brugggore arbeitet. Aber für die Zukunft ist es ein grosser Wunsch von mir, solche Diskussionen anbieten zu können.

Phosphor: Was ist überhaupt der Reiz von Blut und Gewalt?

Stephan: Da bin ich die falsche Ansprechperson …

Michel: Bei mir ist es eine historisch gewachsene Faszination für Raritäten. Das begann mit Filmen wie «Tanz der Teufel», den man für 170 Franken in einer Videothek in der Region Zürich bekommen konnte. Mittlerweile ist es aber mehr Unterhaltung, eine Form von Comedy. Im Gegensatz zu heftigen Sozialdramas gehen mir «Braindead» und Konsorten nicht wirklich an die Nieren. Auch die Technik hinter den ganzen Gore-Effekten ist spannend. Aber es gibt durchaus Filme, die es übertreiben.

Phosphor: Dann lockern wir die Sache doch ein wenig auf. Was fällt euch als Erstes zu diesen Stichwörtern ein? 

  • Messer: Chucky und Rambo.
  • Digital: Zu viele Streaming-Dienste!
  • Waldhütte: Tanz der Teufel und Knock At The Cabin.
  • Leinwand: Müsste man mal ersetzen …
  • Schrei. Eine Kunstform, vom Film bis zum Black Metal.
  • Bier: Erstaunlicherweise wird an Filmfestivals gar nicht so viel davon getrunken.
  • Aargau: Filmfestival-Kanton! Nur positive Gefühle.
  • Pizza: Soll ich eine in den Ofen schieben?

Phosphor: Zum Abschluss: Habt ihr noch weitere Kulturtipps für unsere Leser:innen, die sie nicht verpassen dürfen?

Stephan: «Empire Of Light», ein sehr schöner Film über das Kino.

Michel: An dieser Stelle darf man sicher einmal die KULTMOVIEGANG empfehlen. Im Musikbereich Basilisk Deströyers, die in Basel verschiedenste Metal-Konzerte veranstalten. Zum Thema Horrorfilme und Dialog kommt mir ausserdem noch «Brainwashed: Sex-Camera-Power» in den Sinn, der sich mit der Darstellung von Frauen in Filmen auseinandersetzt – nicht nur narrativ, sondern auch auf der technischen Ebene. Sehr spannend!

Phosphor: Vielen Dank für das Interview. Und die Pizza!

Wir von Phosphor kennen selbstverständlich keine Angst und geben hiermit unsere furchtlosen Tipps für das diesjährige Brugggore ab. Wir sehen uns am Festival.

Über das BRUGGGORE Filmfestival

Das BRUGGGORE ist das Deutschschweizer Filmfestival für «Fantastic Horror and Beyond». Während vier Tagen werden in Brugg über 40 Filme gezeigt – von Arthouse über 80er-Jahre-Trash bis zum Hochglanz-Feature ist für jeden Geschmack etwas dabei.

Festival 2023:
26.-29. April 2023

Veranstaltungsort:
Cinema Odeon und Cinema Excelsior, Brugg

Website und Tickets:
brugggore.ch

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