von Michael Bohli • 13.05.2024
Ein Jubiläum: Zum zehnten Mal fand das Ginmaku Japanese Film Festival in Zürich statt. Wir haben uns zwei dokumentarische Blicke auf das Land gegönnt.
Während in Basel an der Fantasy Manga, Anime und Cosplay zelebriert wurden, blickte man in den Zürcher Kinosälen auf den wahren Alltag Japans. Das Ginmaku Japanese Film Festival feierte seine zehnte Ausgabe und zeigte in den Kinos Houdini und Riffraff 14 Dokumentar- und Spielfilme.
Das kleine und mit viel Hingabe konzipierte Festival fand dank fleissiger Unterstützung durch ein Crowdfunding erneut statt und konnte ein wunderbar durchmischtes Publikum anlocken. Nicht nur bei den Vorführungen mit Gast Takuro Adachi waren Gespräche in Japanisch zu vernehmen. Das verstärkte die Immersion, das intensivierte den kulturellen Austausch.
Alone Again in Fukushima
Mayu Nakamura • Japan • 2023
Nachdem die Katastrophe beim Atomkraftwerk in Fukishima die Gegend unbewohnbar machte, blieben Strassen und Häuser verlassen zurück. Ausser Naoto, der allein mit den zurückgelassenen Haustieren, Kühen und Strausse blieb. Ein Einzelkämpfer, den Mayu Nakamura während zehn Jahren regelmässig besucht und damit die Veränderungen in der Umgebung festgehalten hat.
Die Schicksale der einzelnen Menschen werden in der Dokumentation «Alone Again in Fukushima» zum Spiegel der Politik und des Umgangs mit der Katastrophe. Dekontamination, Wiederaufbau, Verdrängung und Rückkehr – Naoto ist Beobachter und Kommentator, seine Fürsorge für die Tiere ist herzerwärmend.
Der Film ist zwar technisch unsauber (besonders beim Tonschnitt), bietet aber ungeahnte Einblick in die leidensgeplagte Region Japans und entzückt mit den Aufnahmen der Tiere. Ein Mahnmal für mehr Bewusstsein und Sicherheit.
The Heart of the Emergency Room
Takuro Adachi • Japan • 2023
Das Gesundheitssystem der Schweiz liegt im Argen, doch auch in Japan läuft nicht alles rund. Während sich viele Spitäler auf gewinnbringende Untersuchungen und Operationen beschränken, bleiben Patient:innen und Krankenwagen oft keine andere Möglichkeit, als das Ekisaikai-Krankenhaus in Nagoya anzusteuern. Dies weisst als eines der wenigen Häuser keine Einlieferungen ab. Das bringt das Personal der Notaufnahme besonders während der Covid-Pandemie an den Anschlag.
Der Journalist Takuro Adachi zeigt mit seiner beeindruckenden Dokumentation auf menschliche Weise, wie der Alltag im Ekisaikai-Krankenhaus aussieht – mit welchen Vorurteilen und welchem Druck die Ärzt:innen und das Pflegepersonal umgehen müssen. Während neun Monaten vor Ort gedreht, ist der Film eine offene und ehrliche Sicht auf die Notaufnahme und damit die Gesundheitspolitik Japans. Die Berufswahl wird von den Personen hinterfragt, das wacklige Fundament der Spitäler gezeigt.
Das Treiben auf der Leinwand fesselt, die persönlichen Sorgen der Figuren gehen ans Herz. Ein mitreissender Einblick, der zur hiesigen Diskussion und Misere passt. Ebenfalls sehr erhellend war das anschliessende Q&A mit dem Regisseur, der vor Ort im Kino Houdini Fragen beantwortete und weitere Informationen zum Film und dem japanischen System teilte.
Ginmaku Japanese Film Festival
Ort:
Kinos Houdini und Riffraff, Zürich
Datum:
08. bis 12.05.2024
Website:
ginmaku-festival.com