von Cornelia Hüsser und Manuel Lopez (Beitragsbild) • 04.05.2023
Die Kultmoviegang hat sich mit zahlreichen Vorstellungen in der Berner Kinolandschaft etabliert. Im Mai wagt sie sich an ihr erstes Festival: Über vier Tage werden am «Kult Attack» 20 ausgesuchte Filme aus den 80ern gezeigt.
Die Kultmoviegang Bern ist ein Kollektiv von rund 80 Filmnerds, das seit 2015 Kultstreifen aus vergangenen Jahrzehnten zelebriert. Im Rahmen von Worst Movie Nights (grottenschlechte, aber unterhaltsame Werke), dem Animittwoch (Liebe zum Anime) und Kultfridays (der Name ist Programm) haben sie es sich zum Ziel gesetzt, die cineastische Massenware aufzubrechen.
Vom 11. bis 14. Mai 2023 zeigt die KMG nun im cinéClub Bern 20 Kultfilme aus den 80ern. Darunter finden sich Klassiker wie «Dirty Dancing» und «Ferris Bueller’s Day Off», aber auch Horrorstreifen («The Fly»), Sci-Fi-Fun («Critters») oder der pink floyd’sche Musikfilm «The Wall». Der sonntägliche Familienausflug wird mit synchronisierten Fassungen abgerundet.
Wir haben Ronny Kupferschmid und Tanja Lipak vom OK des Festivals zu einem Gespräch getroffen.
Phosphor: Wir sprechen hier an einem Filmfestival miteinander über Filmfestivals – worin liegt der Reiz solcher Events?
Ronny: Ich würde sagen: darin, sich mit Gleichgesinnten zu treffen und über mehrere Tage gemeinsam Filme zu schauen.
Tanja: Neue Filme kennenzulernen – auch ältere Filme, die man noch nie gesehen hat. Und das gemeinsame Entdecken mit anderen Menschen.
Das kollektive Jubeln oder Fluchen.
Ronny: Richtig!
Wie ist es zum «Kult-Attack»-Festival gekommen?
Ronny: Das ist historisch gewachsen. Die Kultmoviegang hat schon über 150 Screenings durchgeführt, und wir alle wollen in Bern wieder ein Festival. Es hat zu lange keines mehr gegeben. Wir nutzen jetzt unsere Erfahrung und versuchen es einfach.
Tanja: Die Screenings – seien es Worst- oder Kult Movie Nights oder der Animittwoch – haben gezeigt, dass die Nachfrage da ist. In der Stadt Bern gibt es das shnit Kurzfilmfestival, aber kein ergänzendes Angebot für Langfilme.
Der Plan lautet also, ein regelmässig stattfindendes Festival auf die Beine zu stellen?
Ronny: Unbedingt. Wenn wir nicht gerade eine Bruchlandung hinlegen!
Tanja: Und auch zu expandieren, ähnlich wie hier beim Brugggore: Anfangs fand das Festival nur im Kino Excelsior statt, dieses Jahr kam das Odeon hinzu. In Bern haben wir den cinéClub als Hauptveranstaltungsort. Wenn es gut läuft, können wir dort künftig einen zweiten Saal hinzunehmen.
Wer sich auf die Fahne schreibt, einen Kultfilm drehen zu wollen, scheitert meistens.
Ganz allgemein: Was ist denn eigentlich Kult?
Tanja: Das kann man nicht wirklich definieren. Wenn man es könnte, würden Filmemacher ganz gezielt Kultfilme produzieren, was eigentlich nie gelingt. Wer sich auf die Fahne schreibt, einen Kultfilm drehen zu wollen, scheitert meistens und es wird zu einem Worst-Night-Klassiker (lacht). Es gibt drei Dinge, die einen Kultfilm ausmachen: Er trifft den Zeitgeist, er hat eine gute Geschichte, und das dritte Element ist das mysteriöse gewisse Etwas, das nicht wirklich erklärbar ist.
Ronny: Damit etwas zu Kult wird, muss auch eine gewisse Zeit vergehen, um es rückblickend als solchen einstufen zu können.
Wenn also ein Film mit dem Label «Der neueste Kultfilm» ins Kino kommt, kann das gar nicht stimmen.
Ronny: Genau. Aber es ist halt ein cooles Label.
Tanja: Wenn auf einem Filmposter «Der neueste Kultfilm» steht, ist er das meistens nicht.
Kultfilme von damals waren eigentlich immer Blockbuster. Heute sind es eher die Underdogs, die Kultstatus erreichen.
Ronny: Ich sehe da einen Zusammenhang zur Entstehungszeit. Das Label «Kult» ist in den 80ern entstanden. Da hat man einfach andere Filme gemacht – weniger Marketingproduktionen, mehr Herzblut.
Tanja: Wobei auch da bereits Fortsetzungen gemacht wurden, wenn ein Film erfolgreich war, um noch mehr Geld zu verdienen …
Ronny: … aber sie wurden eben nicht von Anfang an als Trilogie angelegt. Heute hat man einen regelrechten Masterplan und plant Filmreihen über Jahre.
Warum habt ihr euch gerade für die 80er entschieden? Wir sind ja eigentlich zu jung, um sie wirklich erlebt zu haben.
Tanja: Wer in den 90ern aufgewachsen ist wie wir, hat im Fernsehen die Filme aus den 80ern geschaut. Insofern haben wir es schon miterlebt.
Ronny: Ich bin alt! (lacht) Ich habe die 80er in Videotheken verbracht. Für mich war es ein sehr prägendes Jahrzehnt.
Die 80er sind zurzeit auch ein beliebtes Marketing-Schema. Es ist interessant, dass das so viele Menschen anspricht.
Tanja: Ich glaube, das liegt daran, dass die 80er weit genug zurückliegen. Die 90er oder 2000er sind noch zu nahe.
Gibt es eine Modeerscheinung aus den 80ern, die ihr euch zurückwünscht?
Ronny: Neon! Knallige Farben.
Tanja: In den 80ern war man modisch recht versessen auf die 50er und 60er Jahre: Lederjacken, Petticoats und so weiter. Das finde ich ziemlich cool.
Ronny: Und Synthie Pop, der ja auch schon länger wieder im Kommen ist.
Filme aus den 80ern haben ja mittlerweile gut 40 Jahre auf dem Buckel. Was muss denn ein Film haben, um gut gealtert zu sein?
Ronny: Am wichtigsten ist der Unterhaltungsfaktor. Dann kann ein Film auch schlecht gemacht und trotzdem immer noch grossartig sein.
Tanja: Für mich muss das Feeling aus diesem Jahrzehnt wieder aufkommen, sei es visuell, inhaltlich, musikalisch oder einfach emotional.
Wir wünschen uns, dass die Leute eine gute Zeit haben, gemeinsam tolle Filme schauen und später nostalgisch auf das Festival zurückblicken.
Wie habt ihr euer Festivalprogramm zusammengestellt? Es sind ja relativ viele Crowdpleasers darunter.
Tanja: Wir wünschen uns, dass die Leute eine gute Zeit haben, gemeinsam tolle Filme schauen und später nostalgisch auf das Festival zurückblicken. Es war uns wichtig, ein paar Feelgood-Movies im Programm zu haben. Vielleicht werden wir dann bei der zweiten Ausgabe, wenn das Festival etabliert ist, experimenteller.
Ronny: Wir haben einen Mix angestrebt aus persönlichen Lieblingen und Filmen, von denen wir wissen, dass sie ziehen. Wir wollten für alle etwas im Programm haben. Darum gibt es beispielsweise am Sonntag synchronisierte Fassungen, die man mit der ganzen Familie anschauen kann.
Habt ihr schon Wunschvorstellungen für kommende Auflagen?
Ronny: Falls wir irgendwann mehrere Säle bespielen, würde ich gerne ein Verlies machen, in dem Trash für Nerds wie mich läuft. 😉
Tanja: Ich fände es schön, die zwei Welten zusammenzubringen: Leute, die Blockbuster aus Nostalgiegründen schauen und solche, die das Nischenkino suchen. Das wäre toll.
Ein hehrer Anspruch. Wir wünschen euch viel Erfolg!
Kult Attack presented by Kultmoviegang
Datum: 11.-14.05.2023
Ort: cinéClub Bern
Programm: kult-attack.ch
Tickets: quinnie.ch