von Michael Bohli • 31.05.2023
Regie: Laurent Nègre
Land: Schweiz
Jahr: 2022
Verleih: Xenix Film
Der zweite Weltkrieg endet, Schweizer Botschafter Heinrich Zwygart wird von Deutschland abgezogen. Doch wie soll mit der Wahrheit umgegangen werden? «A Forgotten Man» von Laurent Nègre versucht die Lügen aufzubrechen.
Als wir in der Schule den zweiten Weltkrieg im Geschichtsunterricht behandelten, waren die politischen und wirtschaftlichen Machenschaften der Schweiz kein Thema. Die armen Bauern, das neutrale Handeln der Politik; die üblichen Märchen. Bis heute tut sich unser Land schwer daran, die Zeit aufzuarbeiten.
Mit dem Spielfilm «A Forgotten Man» wird auf der Kinoleinwand tiefer geschürft und die Tage nach dem Kriegsende aus der Sicht von Heinrich Zwygart, dem Schweizer Botschafter in Deutschland, gezeigt. Verträge mit den Nationalsozialisten, kapitalistisches Denken, Hoffnungen auf den Sieg des dritten Reiches: Hinter den schwarzweiss gefilmten Bildern steckt viel Blut.
Basierend auf wahren Geschehnissen hat Laurent Nègre eine Geschichte geformt, welche die Schweizer Scheinheiligkeit demontiert und die Lügen aufbricht. Zwar passiert dies vor allem in Dialogen zwischen erbosten Männern in Machtpositionen, hat aber viele stechende Aussagen bereit. Das Spiel von Michael Neuenschwander überzeugt, Manuela Biedermann, Yann Philipona und Cléa Eden sind in weiteren Rollen ebenfalls gut besetzt.
Leider schafft es «A Forgotten Man» nicht, ohne Plattitüden und typische Drama-Kniffe die ersten Tage des Friedens zu präsentieren. Gewissensbisse manifestieren sich, die Familienkonstellationen sind bekannt und als dramatisches Mittel wird oft geschrien. Eine leichte Korrektur in der Ausrichtung des Drehbuchs hätte viel bewirkt.
Die technischen Aspekte hingegen überzeugen durchweg und Laurent Nègre legt eine Arbeit vor, die viele Diskussionen nach der Sichtung anstossen kann. Notwendig ist das schon lange.