von Michael Bohli • 03.06.2024
Regie: Amjad Al Rasheed
Land: Jordanien
Jahr: 2023
Verleih: Trigon-Film
Premiere in Cannes: «Inshallah a Boy» von Amjad Al Rasheed war der erste Film aus Jordanien am Festival und erzählt von der Geschlechterungleichheit in der Gesellschaft.
Wenn Umparkieren zur Selbstermächtigung wird: Amjad Al Rasheed erzählt in seinem Spielfilm «Inshallah a Boy» von der ungerecht funktionierenden Gesellschaft Jordaniens. Frauen werden systematisch unterdrückt und benachteiligt, der Alltag wird zum Kampf. Besonders, wenn das normierte Familienmodell auseinanderbricht.
So geschieht es Nawal, als ihr Mann Adnan unerwartet stirbt und die Witwe mit Tochter Noura in der Wohnung zurücklässt. Sofort ruft das Schwager Rifqi auf den Plan, der nicht nur den Pick-Up-Truck zurückfordert, sondern gemäss dem staatlichen Erbrecht die Wohnung in seiner Familie aufteilen und Noura zu sich holen will.
In der Phase der Trauer wird Nawal, mitreissend von Mouna Hawa gespielt, jeglichen sicheren Boden unter den Füssen weggerissen und ihre Zukunft liegt in Scherben. Doch sie gibt sich nicht geschlagen und sucht an unterschiedlichen Orten Unterstützung.
Ungeschönt zeigt Amjad Al Rasheed die Gewalt, welche Frauen in Jordanien täglich erleben müssen. Vom Gesetzt benachteiligt, ihren Männern ausgeliefert und vom öffentlichen Leben grösstenteils ausgeschlossen – der Widerstand findet aber statt, einzeln, stetig. Da setzt «Inshallah a Boy» an und liefert als Sozialdrama packende Szenen, starke weibliche Figuren und einen Blick auf die herrschenden Klassenunterschiede im Land.
Egal, wie viel Wohlstand eine Person anhäuft, als Frau prallt sie an den patriarchalen Wänden auf, nur männlicher Nachkommen bietet Sicherheit. Amjad Al Rasheeds Debüt ist stellenweise sehr intensiv und deswegen ein wuchtiger Aufruf für mehr Gerechtigkeit und Menschlichkeit. Ein Film für eine Welt, in der das Dasein als Frau keine Sünde darstellt.