von Michael Bohli • 30.04.2023
Regie: Nikolaus Geyrhalter
Land: Österreich
Jahr: 2022
Verleih: Frenetic Films
Ruhig und meditativ zeigt Nikolaus Geyrhalter den Abfall-Wahnsinn auf, den wir Menschen auf der Welt verursachen. Genau deswegen ist die Dokumentation «Matter Out Of Place» beeindruckend und fesselnd.
Es dauert eine Weile, bis man begreift, dass in den ersten Szenen ein Feld im Kanton Solothurn umgegraben wird. Dass der österreichische Regisseur Nikolaus Geyrhalter für seinen Dokumentarfilm «Matter Out Of Place» die Schweiz besucht, war nicht zu erwarten. Denn wir gehen gewissenhaft mit unserem Abfall um, oder?
Ohne mit Fakten und Zahlen um sich zu werfen oder Talking Heads zu Wort kommen zu lassen, entlarvt die Dokumentation Vorstellungen und Gewissheiten. Nein, im Griff haben wir das Problem des Abfalls schon lange nicht mehr; weder in Entwicklungsländern noch in dem ach so sauberen Europa. Überfluss, Ignoranz und Sucht nach Luxus und Material – überall sammeln sich Gegenstände und Überreste.
«Matter Out Of Place» zeigt nicht nur absurde Situationen (Kehrrichtsammlung auf der Bettmeralp, Aufräumaktionen in der Salzwüste Nevadas nach dem Burning Man Festival) und verlorene Kämpfe (Deponie in Pakistan), sondern andauernde Aufnahmen von Anhäufungen, Sammlungen und Verbrennungen. Lange Einstellungen ohne Schnitt lassen die Bilder zu einer sinnlichen Betrachtung des Missstands werden, die Faszination für die gezeigten Situationen wächst.
Im Gegensatz zu dem Film «Erde» von 2019 fehlen die direkten Aussagen betroffener Personen, als Zuschauer:in wird man zur heimlichen Begleitperson der Momente und stellt sich leicht abseits mit bester Sicht zur Szenerie auf. Dank Nikolaus Geyrhalters Talent und Sinn für Erzählung geht die Rechnung perfekt auf und «Matter Out Of Place» packt, überrascht und rüttelt auf.
Da weder Luxusstrände noch Bergtäler verschont geblieben sind, ist es höchste Zeit, das eigene Verhalten zu ändern. Der Film zeigt ungeschönt, wieso.