von Michael Bohli und Cornelia Hüsser • 25.07.2024
Regie: Leon Schwitter
Land: Schweiz
Jahr: 2022
Verleih: Sister Distribution
Ab in die Berge, für Rückzug und Sicherheit: «Réduit» ist der neuste Film der Filmkollektive Exit und Sabotage und wurde unserem Vier-Augen-Test unterzogen.
An einem heissen Sommertag im Kino zu sitzen, ist eine reizvolle Unternehmung, besonders wenn es einen vielversprechenden Film aus der Schweiz zu entdecken gibt. Leon Schwitter zeigt uns in «Réduit» eine Vater-Sohn-Beziehung, die sich aus der anfänglichen Bergromantik in die Abgründe der Seele bewegt.
Co-produziert von Exit Filmkollektiv und Sabotage Kollektiv steht das Drama für frische, interessante Stimmen im hiesigen Filmschaffen und will wie «Electric Fields» (Lisa Gertsch) oder «Füür Brännt» (Michael Karrer) genau betrachtet werden. Wir haben uns an den Vier-Augen-Test im Houdini Zürich gewagt. Eine Diskussion ohne inhaltliche Spoiler ist fast nicht möglich, be advised.
Conny: Ein sehr winterlicher Film an einem sommerlichen Tag, in dem ein Vater gemeinsam mit seinem Sohn die Einsamkeit in den Schweizer Alpen sucht. «Réduit» hat mir sehr gut gefallen, auch wenn ich den Braten schon früh gerochen habe.
Conny: Spätestens bei der Szene in der Vorratskammer war klar, hier geht es um die Prepper-Manie. Solche Vibes verspürte ich aber ziemlich früh.
Michael: Genau. Vibes ist ein gutes Stichwort, für mich ist «Réduit» ein Vertreter der Neuen Schweizer Szene mit starker Atmosphäre und Slow-Cinema-Anleihen. Für mich konnte Schwitter die bedrückende Situation des Sohns sehr gut herausarbeiten. Ebenso die Umkehr der Machtverhältnisse im letzten Drittel, welche die Schwurbler-Arroganz des Vaters entlarvt und die nachfolgenden Handlungen geschickt erklärt. Sozusagen der «Into The Wild»-Effekt, der die Schweizer Überheblichkeit demontiert.
Conny: Merkwürdig hingegen, dass sich niemand aufmachte, um die beiden zu suchen. Der Film stellt ein gutes Gegenargument für die ewigen Miesmacher des CH-Filmschaffens dar, vergisst aber nicht Lokalkolorit wie Dosenravioli zu zeigen.
Michael: Diese neuen Kollektivbewegungen sind eine sehr aufregende Entwicklung – «Réduit» reiht sich wunderbar neben Filmen wie «Unrueh» (Cyril Schäublin), «Foudre» (Carmen Jaquier) oder «Electric Fields» ein. Die Szene lebt; und nutzt lustigerweise oft Songs von Dino Brandão. Hier nebst dem Score von Hora Lunga natürlich.
Conny: Das stimmt. Ich spreche für den Film eine klare Empfehlung aus. Auch für alle, die eine visuelle Abkühlung suchen.
Michael: Auch meinerseits eine klare Empfehlung an alle, die einen ruhigen und intelligenten Film über die heutige Zeit sehen möchten.