von Michael Bohli • 07.08.2023
Regie: Catherine Corsini
Land: Frankreich
Jahr: 2015
Verleih: Cineworx
Sommer im Filmbulletin Club: «La belle saison» ist ein sonnendurchflutetes, französisches Drama von Catherine Corsini, das sich einer ungewöhnlichen Liebesgeschichte in den Siebzigerjahren widmet.
Während sich die Leute in den Kinosälen mit «Barbie» (Greta Gerwig, 2023) an einer knallbunten Kritik des Patriarchats erfreuen, gibt es im Filmbulletin Club ein sommerliches Drama, das sich Themen wie Frauenrechte, gleichgeschlechtlicher Liebe und Landleben widmet.
«La belle saison» von Catherine Corsini gewann 2015 den «Variety Piazza Grande Award» am Filmfestival in Locarno und untersucht das Leben von zwei jungen Frauen im Frankreich der siebziger Jahre. Eine berührende Geschichte um Delphine und Carole, um Gleichberechtigung und die damalige Frauenbewegung.
Zusätzlich stellt «La belle saison» eine erfreuliche Premiere dar, handelt es sich beim Spielfilm um das erste Werk einer Frau, das im Club zu sehen ist. «Le retour», der zwölfte Film Corsinis, feierte übrigens diesen Mai in Cannes seine Premiere.
Grundsätzlich fühlt sich Delphine (Izïa Higelin) auf dem Land zu Hause – den vorherrschenden patriarchalen Strukturen fügt sie sich, soweit nötig. Als sie nach Paris zieht, lernt sie dort eine Aktivistinnengruppe kennen und beginnt sich zu engagieren. Antrieb ist allerdings weniger der erwachende Sinn für Gleichberechtigung, sondern die französische Carrie Bradshaw Carole (Cécile de France).
Die beiden verlieben sich, verheimlichen ihre Beziehung aber auf Delphines Wunsch in deren Heimatdorf. Lange funktioniert das nicht – und was passiert, passiert leider nicht unerwartet.
«La belle saison» fokussiert sich – genau wie Delphine – nicht hauptsächlich auf die Kämpfe der Frauen, auch wenn der Film sie bei der einen oder anderen Aktion in Paris begleitet. Vielmehr steht die Beziehung der beiden Frauen im Vordergrund. Diese wird einfühlsam ausgeleuchtet, und zunehmend heftig bricht der innere Zwiespalt hervor. Die Unmöglichkeit eines Kompromisses wird immer deutlicher. Ein schöner und trauriger Film zugleich.
Die grösste Leistung von Catherine Corsini ist es, dass sie den schwerwiegenden Problemen in «La belle saison» eine sommerliche Leichtigkeit verleihen konnte. Ihr Drama um zwei junge Frauen, die sich zu Beginn der Siebzigerjahre verlieben und gegen die patriarchalen Zwänge kämpfen, streift viele Themen.
Der Fokus der Produktion liegt auf der Liebe, die Emotionen werden durch das gute Spiel von Izïa Higelin und Cécile de France wunderbar transportiert, die warmen Farben der Bilder passen in den August. Schade, wirkt der Schnitt stellenweise etwas hastig und weiss die Geschichte wenig Neues zu erzählen.
Erinnerungen an Filme wie «L’une chante, l’autre pas» (Agnes Varda, 1977) und «Die göttliche Ordnung» (Petra Biondina Volpe, 2017) werden geweckt, «La belle saison» kratzt an der patriarchalen Oberfläche.
Filmbulletin Club: Transit (23-05) · Hiroshima mon Amour (23-06) · Hope (23-07) • La belle saison (23-08)