von Michael Bohli • 19.10.2023
Regie: Yorgos Lanthimos
Land: Irland
Jahr: 2017
Verleih: Xenix Film
Nach dem erfolgreichen «The Lobster» und vor seinem Oscar-Erfolg «The Favourite» verfilmte Yorgos Lanthimos mit «The Killing of a Sacred Deer» eine schaurige Geschichte. Jetzt im Filmbulletin Club.
Nicht nur war Yorgos Lanthimos mit seinen Filmen «Dogtooth» und «Alps» dafür verantwortlich, dass die Welt für das zeitgenössische Kino in Griechenland den Begriff «Greek Weird Wave» erfand, er brachte seine eigene und sehr kultige Art der Inszenierung nach Hollywood.
Mit Colin Farrell drehte Lanthimos 2015 den romantisch-schrägen «The Lobster», danach wagte sich das Gespann an eine noch grössere Geschichte. «The Killing of a Sacred Deer» ist ästhetisch durchkomponiert und verbindet die Methodik der griechischen Tragödie mit dem blutigen Thriller-Genre. Ein Film, der 2017 weltweit im Kino für Aufsehen sorgte und den Weg für die bei Kritik und Publikum sehr erfolgreichen Produktionen «The Favourite» und «Poor Things» ebnete.
Passend zum Gruselmonat Oktober ist «The Killing of a Sacred Deer» der aktuelle Film im Filmbulletin Club und sorgt per Stream für schräge und beklemmende Unterhaltung.
Yorgos Lanthimos ist der bevorzugte Lieferant für zwei Stunden beklemmende Atmosphäre. In «The Killing of a Sacred Deer» sind sein Transportmittel der Wahl die Dialoge, von den Figuren mit einer derartigen Kälte und Präzision heruntergerattert, dass einem das Lachen im Hals stecken bleibt – schon wenige Minuten reichen zur Feststellung, dass mit diesem Personal etwas nicht ganz stimmt. Egal, was sie tun, es ist auf eine faszinierende Art abstossend.
Grossartig ist insbesondere Barry Keoghan, der dafür sorgt, dass man einen Teller Spaghetti nie wieder gleich betrachten wird. Und auch die anderen Schauspieler – Colin Farrell, Raffey Cassidy, Nicole Kidman – jagen einem in regelmässigen Abständen eine Gänsehaut über den Rücken, bis sich der Film zu seinem blutigen Finale zuspitzt. Ein Horrorfilm der besonderen Art.
Unheimlich sind die langsamen Zooms, karg und dissonant die musikalische Untermalung, ungewohnt die Kamerapositionen: Von den ersten Minuten an sorgt Yorgos Lanthimos mit seinem Thriller «The Killing of a Sacred Deer» für Spannung und Unwohlsein, was sich am Ende in blutigen Handlungen entlädt.
Die Geschichte über Kontrolle, Reinheit und der Suche nach Füllung von Leerräumen im Leben lässt die Charaktere wie in einem Theater agieren, nimmt deren Verlangen als Auslöser extremer Handlungen und ist in jeder Szene aufwühlend, rätselhaft und brutal.
Genial gespielt von Barry Keoghan, Colin Farrell und Raffey Cassidy ist der Film eine entrückte Erfahrung, die fesselt und nicht mehr loslässt. Und hält sogar Songs von Ellie Goulding bereit.
Filmbulletin Club: Transit (23-05) • Hiroshima mon Amour (23-06) • Hope (23-07) • La belle saison (23-08) • The Other Side Of Hope (23-09) • The Killing Of A Sacred Deer (23-10)