von Michael Bohli • 23.06.2024
Gegensätzlich und ergänzend agieren die Ausstellungen von Dunja Herzog und Marie Velardi im Kunstmuseum Solothurn, was neue Verbindungen offenbart.
Das Parterre des Kunstmuseums in Solothurn wurde zweigeteilt und ermöglicht in der Form eine doppelte Weltbetrachtung. Unterschiedliche Perspektiven in der Kunst, in vielen Punkten vereint und sich ergänzend, das sind die Ausstellungen von Dunja Herzog und Marie Velardi.
Beide tragen neben dem Namen der jeweiligen Künstlerin keinen Titel und feiern in Solothurn ihre Premieren. Wer nach dem Eintreten in das Haus auf der linken Seite startet, wird von der in Basel, Pretoria und Südafrika lebenden Dunja Herzog mit einer verschachtelten Art empfangen. In den vier Räumen untersucht Herzog kolonialistische und ausbeuterische Tätigkeiten der westlichen Welt, die Bänder zwischen Benin-City und Basel schnüren.
Die Stichworte Forschung und Vermittlung sind zentral, die Kunstwerke ohne Hintergrundinfos nur schwer zu deuten. Grossartig die raumfüllende Installation «A Personal Affair. Digging to Remember Forward. Part 3», welche die Vergangenheit erweckt und das Grauen der Handlungen geschickt hinter die Spiegel stellt.
Wir dürfen uns nicht ausserhalb der Welt sehen, nicht die Vergangenheit schönzeichnen. Obwohl sich das Licht wunderbar in den Vorhängen aus Nori-Algenblättern bricht, sorgt fast jeder Rohstoff und jede Herstellung für Leid. Dunja Herzog liefert mit ihrer Ausstellung einen klugen Startpunkt für verändernde Diskussionen und betört im letzten Raum mit eleganter Anordnung und fesselnder Musik.
Auf den ersten Blick träumerisch und schöpfend scheinen die Werke von Marie Velardi, welche in Genf beheimatet ist und den rechten Parterreteil bespielt. Mit Zeichnungen, Drucken und raumfüllenden Themen bringt sie Flussläufe, Küstenregionen und Mondphasen ins Kunstmuseum. Die Stoffbahnen zeugen von der lebensspendenden Wirkung der Flüsse, Textauszüge aus «Lettre de Terre-Mer» fühlen sich träumerisch an.
Wer länger nachdenkt, stösst auf die destruktiven Einflüsse der Menschheit auf unseren Planeten. Wasserknappheit, steigende Meeresspiegel und gestörte Ökosystem – all das findet in den poetischen Werken von Velardi Platz. Durch die ruhige Präsentation werden die Besucher:innen zum Innehalten eingeladen und lassen sich von den Trabantendarstellungen täuschen.
Vom Raub zur Fülle, von bereits passierten Verbrechen zur blauen Hoffnung: Dunja Herzog und Marie Velardi zeigen sich in Solothurn ergänzend, gegensätzlich und das Bewusstsein schärfend.
Marie Velardi • Dunja Herzog
Ort:
Kunstmuseum, Solothurn
Datum:
02.06. bis 06.10.2024
Website:
Dunja Herzog • Marie Velardi