Giacomo Santiago Rogado: ALL THAT YOU SEE

Bei jeder Kunstausstellung blicken die Besucher:innen in die Vergangenheit, wurden die Werke schliesslich vor der Eröffnung fertiggestellt. Bei «ALL THAT YOU SEE», der aktuellen Ausstellung von Giacomo Santiago Rogado im Kunstmuseum Thun, reicht die Sicht weiter. Jahrzehnte zurück, in dich selbst hinein und durch den gesamten Kosmos.

Der erste Raum mit einzelnen frühen Arbeiten wirkt einleitend, einstimmend. Bereits im zweiten Saal, in dem Rogado seine neue Serie «Fusion Of Horizons» präsentiert, werden Grenzen abgebaut. Die Malereien hinterfragen mit Teilungen und Flächen die Bedeutung des Horizonts, lassen Tiefenwirkungen entstehen und finden abstrakte Wege der Darstellung. Das zieht sich als Grundsatz durch die restliche Ausstellung.

Weder bei den Papierarbeiten, den räumlichen Installationen noch bei den grossen Malereien finden sich viele gegenständliche Aspekte. Giacomo Santiago Rogado spielt mit Farbe und Form, löst Erinnerungen aus und transportiert Empfindungen. Die gelungene Hängung im Kunstmuseum intensiviert das.

Beim Betrachten der Werke lösten die Bilder starke Gefühle aus, ich wurde von einzelnen Motiven durchgerüttelt und fühlte mich ins All transportiert. Sich fallen zu lassen ist bei «ALL THAT YOU SEE» wichtig, dann wird eine Reise möglich. Die raumfüllende Installation «Growing together through emotions over time» lädt die eigenen Energiepunkte auf, im fünften Raum wird in der Dunkelheit die Existenz neu geordnet.

In meinem Kopf kreisten die Zeilen aus «Eclipse» von Pink Floyd, die Bilder liessen Erinnerungen an Sternennebel, Vulkanausbrüche, die Ursuppe und «2001: A Space Odyssey» aufkommen, der Blick traf auf keine Hindernisse mehr. Ein Zustand der mit den vibrierenden Bildern von «Coalescence», dem grossen Werk «Afang von etwas» und den Exemplaren von «Accord» und «Intuition» bis zum Ende der Ausstellung weitergetragen wurde.