von Michael Bohli • 08.05.2023
Die Arbeiten von drei Künstler:innen sind aktuell in der Ausstellung «Mindmapping Art» im Kunsthaus Zofingen zu sehen und verbinden Forschung, Vergangenheit und persönliche Erfahrungen.
Nein, «Zofinger Luft» ist keine neue Getränkekreation, welche die Wahrnehmung trübt. Die aus 60 Exponaten bestehende Arbeit von Françoise Caraco ist Suche in Zofingen, Auseinandersetzung und Erkenntnis zur eigenen Familiengeschichte und der zeitlichen Veränderung. Spurenfindung und Leerstellen kommen in den Fotografien, musealen Fundstücken und präparierten Vögel zusammen. Nahe einem Puzzle, dessen Lösung eine Videodokumentation bringt.
Die Grenzen zur klassischen Definition von Kunst werden von Caraco gedehnt, eine mehr als passende Arbeit für die aktuelle Ausstellung «Mindmapping Art» im Kunsthaus Zofingen. Denn mit der Familienforschung zeigt die in Zürich lebende Künstlerin einen anderen Blick auf das Leben, zwar nicht immer mit erhofftem Ausgang, aber für die Besucher:innen aus ungeahnter Perspektive.
Bei Esther Ernst, welche in Solothurn und Berlin arbeitet, wird man gar in die Luft gehoben. Ihre grossformatigen Zeichnungsarbeiten zeigen Ortschaften und Gebiete in topografischer Darstellung, vermengt mit persönlichen Erfahrungen und Gedanken. Reisebericht, Studie und Grafik mit vielen Details und Beobachtungen zu Raumplanung und Natur. Ergänzend liegen ihre Tagebücher der letzten fünf Jahre auf. Pro Tag eine Seite Text und Zeichnung, ein Zeugnis von Durchhaltevermögen und Beobachtungsgabe.
Nicht weniger beeindruckend ist das zum Ausstellungsnamen perfekt passende Werk «Mohnopol des Rausches» von Gianluca Trifilò. Der Künstler aus Zürich untersucht die komplexe Situation, in der sich unsere Gesellschaft in Bezug auf Medikamenten befindet. Rote Striche verbinden Sucht, Kapitalismus und Medizin auf Beipackzetteln, daneben wird man von der Bildserie «The Pharmanaut Club» beobachtet.
© Gianluca Trifilò, Foto: René Rötheli
Eine Auswahl von 5000 Portraits, die aus Einzelelementen zusammengesetzt wurden und eine ehemalige Präventionskampagne aus Zürich umformen. Der Umgang mit dem Thema Sucht wird aufgesprengt; die NFTs, welche hinter den Bildern stecken, bringen die Vergangenheit in eine digitale Umgebung.
Die Brücke zwischen vergangenen Erlebnissen und heutiger Perspektive bietet auch die raumfüllende und beeindruckende Arbeit «Gisch halt mol echli. isch nöd so schlimm.», welche den Saal im Obergeschoss einnimmt. Erfahrungen mit Ritalin, Verharmlosung und der schulische Alltag werden anhand aus Tischplatten gelaserten Wörtern fassbar.
All diese Objekte und Arbeiten machen «Mindmapping Art» zu einer Ausstellung, die nicht bloss emotional funktioniert, sondern die intellektuellen Überlegungen der Arbeiten ins Zentrum stellt. Das ist stellenweise ungewohnt, beeindruckt aber durch die Umsetzung bei allen drei Künstler:innen.