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Ricardo Amaral: Aqua

von Michael Bohli • 01.09.2023

Wellen, Energie, Momente: Der Fotograf Ricardo Amaral aus Zofingen stellt derzeit seine Werke zum Thema «Aqua» aus. Ein passender Moment für ein Interview.

Auf den perfekten Moment warten und ihn dann einfangen: Das ist bei der künstlerischen Arbeit von Ricardo Amaral das zentrale Element. Der Fotograf aus Zofingen erkundet mit seiner Kamera die Welt. Eine Auswahl seiner Bilder zum Thema Wasser sind aktuell in der Bar Bonheur in der Altstadt zu sehen.

Wir haben Ricardo zu einem Gespräch über seine Fotografien, seine Sicht auf die Welt und die künstlerische Arbeit getroffen.

Phosphor: Ricardo, deine Ausstellung trägt den Titel «Aqua» – was bedeutet Wasser für dich?

Ricardo: Wir bestehen zu 70 Prozent aus Wasser. Wasser kreiert Wellen, es schwingt, es leitet Energie. Ohne Wasser sterben wir. Auch meine Leidenschaften drehen sich rund ums Wasser: Ich fahre Snowboard, surfe im Meer und schwimme oft im See und in der Badi.

Was mich besonders fasziniert, ist das Gedächtnis von Wasser. Der japanische Forscher Masaru Emoto hat Wasser beschallt – unter anderem mit klassischer Musik, mit Geschrei, mit verschiedenen Emotionen. Als er das Wasser gefrieren liess, haben sich unterschiedliche Kristallstrukturen gebildet. Es ist ein wahnsinnig spannendes Element.

Wo entstehen deine Bilder?

Die meisten der ausgestellten Bilder sind in Portugal entstanden. Ich habe eine Zeit lang dort gelebt und bin immer ans Meer, ich war besessen davon. Ich wollte auch am liebsten als Fischer wiedergeboren werden – sollte es eine Wiedergeburt geben – und ein einfaches, bescheidenes Leben führen.

 

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Das ist ja auch etwas, was einen wieder auf den Boden holt: als kleiner Mensch vor dem riesigen Meer zu stehen.

Absolut. Das Meer schenkt einem nichts – wer schon einmal surfen war, weiss, was ich meine. Und trotzdem will man immer mehr.

Dennoch sind die gezeigten Bilder losgelöst von allem Menschlichen, es sind keine Spuren von Zivilisation zu sehen.

Obwohl meine eigentliche Faszination in der Porträtfotografie liegt. Darin, den Menschen kennenzulernen und das Leben, das ein Gesicht geprägt hat. Das mache ich am liebsten. Meine Landschaftsaufnahmen hatte ich länger beiseitegelegt, für die Ausstellung aber wieder aufgegriffen und nun laufend aufbereiten lassen.

 

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Dann entstehen diese Bilder eher zufällig?

An Zufälle glaube ich nicht. Aber ich habe Momente, in denen ich mich inspiriert fühle und mich einfach gehen lasse. Für die drei Bilder beim Eingang war beispielsweise starker Wellengang ohne Wind oder Wolken nötig. Ich wusste schon lange, dass ich das einmal einfangen möchte, und plötzlich war der Tag da. Ich war wie in einem Film. Danach habe ich die Bilder eine Weile ruhen lassen, und als ich sie wieder aufgriff, war die ganze Magie wieder präsent.

Was war denn die Inspiration für diese Ausstellung?

Ich habe schon andere Orte ausprobiert, aber als ich das Bonheur zum ersten Mal betrat, wusste ich: Wow, hier will ich ausstellen. Und kurz darauf hat mich Fabian angesprochen, ob ich nicht Fotos für eine Ausstellung hätte. Wie gesagt, es gibt keine Zufälle!

Denkst du, dass deine Fotografie auch das Bewusstsein für Probleme – wie zum Beispiel die Klimakrise – schärfen kann?

Im weitesten Sinne vielleicht schon. Ich versuche mit meiner Fotografie vor allem den Betrachtenden zu zeigen, wie unendlich schön die Natur ist. Der zweite Gedanke lautet dann natürlich: Dem müssen wir Sorge tragen und achtsam sein.

Was braucht ein gutes Bild?

Das richtige Gespür für den Moment, in dem man völlig losgelöst vom Geist agiert. Keines meiner Bilder ist kopfgesteuert entstanden, jedes war eine Art Erlösung, ein Adrenalinkick. Man muss das Vertrauen haben, loszulassen. Das gilt genau gleich für die Porträtfotografie: Plötzlich kommt der Moment, in dem sich eine Person öffnet und man zwar den Körper fotografiert, aber die Seele sieht.

Dein Ansatz ist also eher intuitiv und weniger experimentell.

Ja, ich habe Mühe mit Konzepten und Storys. Ich liefere keine Story, sondern lediglich einen Input – die Geschichte entsteht bei der betrachtenden Person. Ich will nicht viel über ein Bild erzählen. Es ist viel spannender für mich, zu erfahren, welche Emotionen es in anderen Menschen auslöst.

 

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Gibt es trotzdem Techniken, die du bevorzugst?

Ich fotografiere digital. Die Magie der Fotografie habe ich aber erst mit dem Drucken entdeckt – erst so beginnt ein Bild wirklich zu existieren. Am liebsten würde ich nur noch drucken (lacht).

Analoge Fotografie ist für mich die Königsdisziplin, von der ich nicht weiss, ob ich je darin eintauchen werde. Sie ist sehr zeitintensiv, aber im entschleunigten Prozess liegt auch ein Reiz.

Du sprichst ja sechs Sprachen. Wie nimmst du die Welt wahr?

Für mich sind Gedanken von der Sprache losgelöst. Ich betrachte die Welt universell, wir sind Teil eines Ganzen. Ich fotografiere sozusagen nicht Mensch oder Natur, sondern einfach das Leben.

Manche sagen auch, man müsse als Fotograf eine klare Sprache haben – ich möchte aber verschiedenes ausprobieren bzw. möglichst viele Aspekte des Ganzen fotografieren. Zum Glück bin ich nicht vollkommen darauf angewiesen, von diesem Beruf zu leben und kann somit experimenteller unterwegs ein.

Gibt es noch einen anderen Ort, an dem du gerne ausstellen würdest?

Ja! An der alten Tankstelle beim YOU-Kreisel in Oftringen. Oder im Hangar neben dem OXIL. Und natürlich im Kunsthaus Zofingen.

Wir sind gespannt, was als Nächstes kommt. Vielen Dank für das Interview!

Vielen Dank Phosphor für das Interesse an meine Kunst. Danke auch für das Kulturmagazin!


Kulturtipps von Ricardo:

Christina Gähler, Künstlerin aus Zofingen.

Kunsthaus Zofingen, das lokale Haus für kontemporäre Ausstellungen.

IPFO, das Haus der Fotografie in Olten.

Ricardo Amaral: Aqua

Ort:
Source de Bonheur, Zofingen

Vernissage:
01.09.2023

Website:
sourcedebonheur.ch

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