Sandra Mujinga: Time as a Shield

Entfernt sind die Stimmen beim Betreten der Kunsthalle zu vernehmen, mit jedem Schritt auf der Treppe werden sie lauter. Im Obergeschoss angekommen, nimmt der Gesang den Raum ein und leitet die Gedanken in neue Richtungen. Worte formen sich.

Time stops as we enter the room
We calm down, we start to disintegrate
We become our past and future
All our false gods and decisions
Hope and paths not yet taken
You tremble, I shake
We could walk but now we stand
Still. Together. Reflect.
And our next step becomes
This fulfilling and collective task
To be. To have been. To will be.

Die emotionale Kraft, welche in den Arbeiten «Ghost Forest» und «Time as a Shield» liegt, kommt unerwartet. Glücklicherweise stehen Bänke im Raum verteilt, auf denen sich die Besucher:innen niederlassen können. Was Sandra Mujinga mit ihren Stoffgestalten und dem Chorgesang bewirkt, ist grossartig.

Die Metallbäume formen den Blick in die Unendlichkeit, die eigenen Ahnen finden zwischen den Kabelwurzeln am Boden Platz und der Zeitstrahl wird zu einem Kreis. Eine Form, die die Ausstellung mit den drei Räumen selbst einnimmt, bewegen wir uns von der Versammlung in der Helligkeit in die Dunkelheit, in der eine einzelne Figur steht. In Transformation, intim und verletzlich. Die Schatten wirken beruhigend, neue Kraft wird geschöpft.

Zugleich kehrt in diesem Abschluss das grüne Licht zurück, das seit der Teilnahme in Venedig viele mit Sandra Mujinga verbinden. Die in der Demokratischen Republik Kongo geborene und in Oslo und Berlin lebende Künstlerin nutzt das bekannte Element für Ruhe und führt den im zweiten Raum gesponnen Faden fort.

Die dort ausgestellten Fotografien zeigen Menschen in grünen Roben, Gesichter, die digital zusammengesetzt mehrere Menschen in sich tragen und unsere mit Stereotypen festgeklebten Denkweisen entlarven. Zugleich legt die Arbeit die Bias der künstlichen Intelligenz offen; das Ringen zwischen digitaler und analoger Mittel ist bei «Time as a Shield» stets präsent.

Sandra Mujinga bewegt sich mit der beeindruckenden Ausstellung zwischen Science-Fiction, kollektivem Trost, zeitlichem Neudenken und Afrofuturismus. Eine kunstvolle Suche nach Schutz und emotionaler Sicherheit, ein Innehalten im rasenden Wandel auf unserem Planeten.