von Michael Bohli • 26.06.2024
Toyin Ojih Odutola erhielt in der Kunsthalle Basel zum ersten Mal in der Schweiz eine Einzelausstellung. «Ilé Oriaku» erzählt von Trauer, Familie und magischen Momenten.
Von Nigeria über die USA in die Schweiz: Den Weg, welchen Toyin Ojih Odutola in ihrem Leben zurückgelegt hat, war ein reicher Nährboden unterschiedlichster Erfahrungen und Erlebnissen. Das zeigt sich in den Arbeiten, die die Künstlerin in der Kunsthalle Basel zeigt. 27 Werke, die alle im Verlauf des letzten Jahres geschaffen wurden und sich mit dem Tod ihrer Grossmutter beschäftigen.
Zumindest ist dies eine Lesemöglichkeit, «Ilé Oriaku» ist eine Ausstellung voller Geschichten, Symbolen und Emotionen. Dass erste Gedanken täuschend sein können, ist im Falle von Toyin Ojih Odutolas Schaffen nicht verwunderlich. In den fünf Räumen hängen nicht Gemälde, sondern mit Kreide oder Kohle erarbeitete Zeichnungen. Bilder voller Farben, geometrischen Elementen und Ebenen.
Die Rahmen aus Eichenholz wecken Assoziationen zu Displays, die Motive ermöglichen intime Einsichten in das Leben der dargestellten Figuren. Unser Blick geht durch Scheiben, Türen und Öffnungen – stehen wir aussen oder blicken wir in eine Welt hinaus? Verfolgen wir den Trauerprozess von Toyin Ojih Odutola oder sind es mitreissende Storys über erfundene Personen, die ihrem wahren Selbst mit jedem Raum näherkommen?
«Ilé Oriaku» ist all dies und mehr. Die Linien an den Wänden fassen die Kunstwerke und Räume zur Gesamtheit zusammen, die Klangarbeit im abgedunkelten Raum lässt einen Dialog zwischen Odutola und ihrer Grossmutter aufleben und bringt Vögel aus Atlanta nach Basel. Dann wiederum zeigen die Zeichnungen Räumlichkeiten, die zwischen Dystopie und Utopie stehen. Zentral sind neben den Körpern die Spiegel und der Wahrheit versprechende rote Handschuh.
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Mit grossartigem Storytelling und kulturellen Brücken gelingt es Toyin Ojih Odutola in ihren Werken eine Sicht auf die Welt zu schaffen, die Sprachen überwindet, Annäherung und Verständnis bewirkt und aus ihrer Familiengeschichte eine universelle Kraft schöpft.
Das Selbstporträt der Künstlerin aus New York im letzten Raum überwacht beobachtend die Feier der Befreiung, die neu gewonnene Sicherheit und Freude. Wir setzen uns auf die Poufs, spinnen unsere Geschichten weiter und verlieren uns staunend in den Farben und Formen.
Toyin Ojih Odutola: Ilé Oriaku
Ort:
Kunsthalle, Basel
Datum:
07.06. bis 01.09.2024
Website:
kunsthallebasel.ch
Titelbild: Philipp Hänger / Kunsthalle Basel