von Michael Bohli • 05.05.2023
Jährlich findet in Luzern das Fumetto Comic Festival statt und bringt kreative, alternative und weitgereiste Personen zusammen, um die gezeichneten Geschichten zu zelebrieren. Auch 2023 lohnte sich die Reise in die Stadt, gab es viel Beeindruckendes und Ungewohntes zu erleben.
Ob es die richtige Entscheidung war, am ersten Tag des Festivals mit dem Zug nach Luzern zu reisen, blieb fraglich. Dank der Bahnhofssperrung durfte man mit dem Bus durch die Stadt gurken, inmitten der erdrückenden Blechlawine. So grau wie der Smog war am Fumetto aber nur der Grafit, der sich auf den Originalzeichnungen der Ausstellungen betrachten liess.
Unter dem Titel «Home Sweet Home» konnte man an zahlreichen Orten in der Stadt die Bedeutung der Begriffe Zuhause, Gemeinschaft und Rückzug ergründen. Zehn Hauptausstellungen, 30 Satelliten und viele zusätzliche Veranstaltungen: Da reichte ein Tag niemals aus. Dank sonnigem Wetter und famosen Exponaten waren die Spaziergänge durch die Quartiere aber weit mehr als ermüdend.
Besonders erfreulich war der Besuch am Fumetto für Fans des Schweizer Verlags Edition Moderne. Im Kunstraum sic! konnte man in die Entstehung von Marijpols «Hort» eintauchen, zwischen Bodybuilding, Schlangen und Möbel. Die Galleria Edizioni Periferia bot mit «Plenty. Blank. Space» einen Überblick auf aktuelle Publikationen; Originalzeichnungen, Lettering-Beispiele, Bücherwände und Stoffdrucke als raumfüllende Mischung.
Die Dreidimensionalität war ein wichtiges Element der diesjährigen Präsentation, an mehreren Orten wurden die Zeichnungen in die greifbare Ebene gebracht. Ob es die Manifestation von Gabi aus Anja Wickis Buch «In Ordnung» war, oder die scheinbar real gewordene Welt der finnischen Künstlerin Terhi Adler im Roten Haus – platt und flach war gestern. Im Kunstmuseum Luzern zeigte Jakup Ferri Wandteppich voller überbordender Alltagszenen, Samira Belorf verwandelte den Keller der HI-Gallery in eine Hexenbeschwörung mit aluverkleideten Oberflächen.
Körperlichkeit fand sich vielerorts, in den detailreichen Portraits und Haarzeichnungen von Powerpaola aus Ecuador; in den Kurzfilmen von Milva Stutz und der abstrahierten und doch lebensechten Welt im Schaffen der Finnin Hannele Richert. So drückten Emotionen und Menschlichkeit immer durch, egal wie fremdartig oder abgefahren die Exponate waren.
Die Möglichkeit, am Fumetto zuvor nie betretene Lokale mit einem Gefühl von Zugehörigkeit und Verständnis zu verbinden, war das Highlight. Die diesjährige Schau zeigte sich inklusiv und unerschrocken, Begegnungen im Festivalzentrum und Diskussionen am Comic-Markt liessen die Vielfalt der Comic-Welt auf zwischenmenschliche Weise wach werden. Die aktuell auf der Welt herrschenden Konflikte lassen sich so besser verstehen und verarbeiten.
Fumetto Comic Festival
Ausgabe 2023:
18. bis 26. März 2023
Diverse Orte in Luzern
Website: fumetto.ch