von Michael Bohli • 28.08.2023
Sonne, Regen, Sehnsucht und Abriss: Der Samstag an der Badenfahrt bot alles. Natürlich liessen wir uns die Chance nicht entgehen, weitere Bars und Konzerte im Mätteli zu besuchen.
Die Besucher:innen haben entschieden; die schönsten Bars und Betriebe an der Jubiläums-Badenfahrt wurden gekürt. Wir haben diese Ehrung genutzt, um am Samstagnachmittag unter nassen Wetterbedingungen durch bisher nicht gesehene Gebiete am Fest zu streunen.
Mehrstöckige Barbetriebe mit Servicelift, ein Restaurant als gigantisches Kartenhaus, ruhige Ecken voller Pflanzen – welch Vielfalt. Ein Fest für die Augen, die Ohren kamen am frühen Abend im Mättelipark gleichermassen auf ihre Kosten. Los ging es mit einem Heimspiel, das sogar den Regen vertrieb.
URGES eröffneten die kleine Bühne und brachten eine Menge Freund:innen und Bekannte mit. Vom ersten Song an wurde getanzt und gefeiert, bis ein kleiner Pogo-Kreis entstand, in den sich gewisse Personen in Badeanzügen mischten. Grauer Himmel, helle Stimmung! Die kernige Mischung aus Post-Punk, Rock’n’Roll und Indie war für Ausgelassenheit perfekt geeignet.
Verflossene Liebschaften und bierselige Nächte in den Songtexten, laute Riffs und wilde Takte in der Luft: Die Gruppe aus Baden lieferte einen energetischen und sympathischen Auftritt ab. Der zurückgekehrte Dennis Kiss liess die Bewegungen danach langsamer werden und setzte mit seiner Band die Segel in Richtung Melancholie.
Mit seinem kommenden Album zelebriert der Musiker die Neue Deutsche Einsamkeit und hat dazu Lieder geschrieben, die sich voller Emotionen der Hamburger Schule nähern. Von den Möwenklängen im Intro bis zum abschliessenden «Norddeich Mole» schipperte man im Mätteli mit Kiss und seinen Musiker:innen durch Sorgen, Sehnsüchte und Hoffnungen.
Leider wurden die Feinheiten der Stücke von der basslastigen Abmischung geschluckt, dank Saxofonbegleitung von grossen Gitarrenmomenten war das Konzert trotzdem eine schöne Erfahrung. Die Clubtour im Herbst sollte nicht ausgelassen werden.
Laut, brachial und zeitgemäss demontierte das HATEPOP Kollektiv danach Publikum, Bühne und unterdrückende Ansichten. Nebst einigen technischen Problemen und einer zu kleinen Bühne für diesen Reigen an Beteiligten war das Konzert eines der grossen Highlights der diesjährigen Badenfahrt.
Eine wütende, laute und mitreissende Eruption aus Angst, Sorgen und Befreiungsschlägen. Glitchpop, Crycore, Techno, Rap und Gabber als Breitseiten gegen die erdrückende Gegenwart – Musik, die aus der Tiefe zu einer Gemeinschaft verhilft. Baden liess sich zu Circlepits und einer politisch aufgezogenen Wall Of Death hinreissen, HATEPOP zementierten ihren Ruf. Das ist die Musik, die unsere Zeit nötig hat.
Zufrieden und ausgelaugt nahmen wir den Rückweg auf uns, mit weiteren Erfahrungen, die nur die Badenfahrt bieten konnte. Meine Spanisch-Brödli-Statistik konnte ich übrigens ausgleichen.
Badenfahrt
18.-27. August 2023
Unter dem Motto NEO- wird an der Badenfahrt 2023 Vergangenes, Existierendes und Künftiges verknüpft – passend zum 100-jährigen Jubiläum.