thumbnail

Vali Herrera: Dunkelheit und Träume

von Michael Bohli • 20.12.2024

Vali Herrera erschafft als Komponistin und Songwriterin stimmungsvolle Klänge voller Emotionen. Wir haben die Künstlerin in Zug getroffen.

Die Single «Cold Shadow» ist die erste Veröffentlichung unter eigenem Namen, Musik begleitet die in Zug lebende Künstlerin Vali Herrera aber schon ihr ganzes Leben. Die im Bereich Klassik ausgebildete Sängerin ist Songwriterin, arbeitet für den Film und stand bereits in diversen Ländern auf der Bühne.

Von Kalifornien nach Norwegen, von Celtic-Folk zu Dark Indie: Bei Herrera kommen unterschiedliche Welten und Stimmungen zusammen, immer mit dabei ist die Melancholie. Passend zum kalten-düsteren Winterwetter haben wir mit ihr über Träume, ihre Inspiration, die Tour durch Kalifornien und die aktuelle Single gesprochen.

Phosphor: Die Tage sind aktuell kurz. Gefällt dir diese Jahreszeit?

Vali: Ja, sehr. Das Düstere, Mystische und Kühle gefällt mir. Ich denke, das ist in meiner Musik zu spüren. Das angenehme und beruhigende Gefühl, wie etwa der Herbst mit seiner gemütlichen Stimmung und dem gedämpften Tageslicht, die schöne Dämmerung. Das habe ich auf meiner Reise nach Norwegen sehr geschätzt.

Ich bin kein Sommermensch, kann aber nachvollziehen, dass viele Leute die Wärme brauchen. Meine liebste Jahreshälfte ist von September bis März, diese inspiriert mich sehr.

Düster wird oft mit negativen Gefühlen gleichgesetzt.

Ich habe immer gesagt, dass ich meine Stimmung nicht vom Wetter abhängig machen will. Ich kann nachvollziehen, dass viele Leute im Dunkeln weniger Energie haben, aber bei mir ist eher das Gegenteil der Fall. Das gedämpfte Licht und die ruhige Umgebung inspirieren mich, kreativ zu arbeiten und geben mir ein sicheres Gefühl. Die Dunkelheit hatte bereits in meiner Kindheit eine sichere und beruhigende Wirkung auf mich.

Wir sind hier in Zug. Was bedeutet dieser Ort für dich?

Ich bin etwas ausserhalb von Zug aufgewachsen und habe in den letzten Jahren einige  Konzerte in der Region gespielt. Es gibt in Zug tolle Künstler:innen aus unterschiedlichen Disziplinen, und es hat schöne Plätze in der Region! Allerdings merkte ich auf meinen Reisen in den Norden, dass die dortige Atmosphäre und Mentalität mir mehr entspricht. Das Schreiben funktioniert für mich in einer ruhigen und magischen Umgebung wie im Norden am besten.

 

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

 

Ein Beitrag geteilt von Vali Herrera (@vali.herrera)

Wie kommen die Indie-Folk- und Celtic-Vibes von «Cold Shadow» in diese Mischung?

Es gibt in der Natur hierzulande sehr schöne Plätze, aber das Nordische, das Keltische und Mystische wie in Irland, Schottland und Skandinavien ist das, was mich fasziniert und inspiriert. Ich höre sehr gerne Musik aus diesen Gebieten. Ausserdem habe ich unter anderem Familie in Kanada, fühle mich in dieser Umgebung sehr wohl und inspiriert. Die Mischung aus den Sounds, die mir gefallen und mich inspirieren, versuche ich mit meiner Musik auszudrücken.

Wie ist das Lied entstanden?

Bei mir beginnt es oft mit einer Melodie im Kopf, so auch hier. Der Song handelt von meinen Erfahrungen mit luzidem Träumen sowie dem Konflikt und der Frage, was real ist und was Einbildung. «Cold Shadow» handelt von solchen Gefühlen und ist eine Mischung aus eigenen Erfahrungen und Begegnungen aus meiner Vergangenheit.

Die ersten Melodie-Ideen spiele ich meist mit Gitarre oder am Piano ein, allerdings nicht zwingend mit der Intention, sofort einen Song zu schreiben. Das entsteht alles mit der Zeit, auch bei meinen kompositorischen Arbeiten. Erst danach folgt der Text, der zu diesen Melodien passt.

Aktuell bleibe ich oft in den mystischen und dunklen Stimmungen, denn für mich muss sich das Resultat auch bei Auftragsarbeiten authentisch anfühlen. Einen fröhlichen Sommerhit zu schreiben, würde wohl nicht ganz so gut zu mir passen (lacht). Aber ich sage niemals nie.

Welche Instrumente spielst du?

Ich spiele akustische und E-Gitarre, ein bisschen Klavier und Trommel, sowie das MIDI. Ich würde gerne weitere Instrumente spielen können, vieles reizt mich. Einige Elemente in «Cold Shadow» wie die Harfe oder Teile der keltischen Violine habe ich beispielsweise mit dem MIDI eingespielt.

Haben Träume in deinem Leben einen wichtigen Stellenwert?

Ich konnte mich bereits als Kind an meine Träume erinnern, was vielleicht an einem sehr aktiven Unterbewusstsein oder der persönlichen Sensibilität und Reizfilterung liegt, daher auch meine Empfindlichkeit auf helles Licht. Beim Träumen wird viel verarbeitet – ab und an sind es auch ziemlich komische oder gruselige Träume. Aber das hat eventuell mit meinem Filmkonsum zu tun (lacht). Spannend, wie das Unterbewusstsein eigene Erfahrungen, Visionen und Kreativität im Traum verbinden kann, wie ein neues Universum quasi. Auch das versuche ich in «Cold Shadow» zu erklären und wiederzugeben.

Hast du Träume für dich selbst, für deine Zukunft?

Das klingt vielleicht etwas klischeehaft, aber dazu gehört sicher, glücklich und gesund zu sein. Ausserdem möchte ich weiterhin mit meiner Passion arbeiten können, was mich sehr erfüllt. Es ist wunderbar, dass ich mit meiner Kunst Menschen erreichen kann. Das merke ich regelmässig auch auf Social Media.

 

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

 

Ein Beitrag geteilt von Vali Herrera (@vali.herrera)

Ist der digitale Auftritt wichtig für dich?

Der braucht sehr viel Zeit und Energie. Posts und Reels sind wie ein Portfolio der eigenen Kunst, man erhält einen groben Einblick, aber der Aufwand ist gewaltig. Respekt an alle, die das regelmässig durchziehen! Der Anspruch wird oft unterschätzt, höchste Priorität hat es bei mir aber nicht, die Kreativität und Energie brauche ich fürs Kreieren der Musik und eigene Werke. Trotzdem ist es ein super Werkzeug, um international vernetzt zu sein, egal, ob ich mich in der Schweiz oder im Ausland aufhalte.

Social Media birgt natürlich die Gefahr der Überreizung. Ich finde es ganz angenehm, auch mal auf Events oder Tätigkeiten zu verzichten und zur Ruhe zu kommen. Das finde ich für die mentale Gesundheit sehr wichtig.

Du warst in Kalifornien und hast dort Konzerte gespielt. Wie war das?

Ich wollte immer gerne nach Kalifornien, dort passiert so viel in Musik und Film. Durch meinen persönlichen Hintergrund hatte ich regelmässig Berührungspunkte mit Amerika und wollte einige Staaten besser kennenlernen. Ich habe die Chance erhalten, als Support Act eine lokale Band aus SoCal zu begleiten; von San Diego hoch nach Los Angeles. Wir waren oft in Irish Pubs und an kleinen Festivals unterwegs.

Dadurch hatte ich die Möglichkeit, einige Gigs zu spielen. So etwas ist in der Schweiz schwieriger. Auch ist die Mentalität in den USA anders, wie so oft gibt’s da Vor- und Nachteile. Die Leute in Kalifornien freuen sich, wenn du kreativ tätig bist und fragen nach deiner Kunst. In der Schweiz reagieren die Menschen oft zuerst mit der Frage, ob und wie man davon leben kann.

Bei mir gehören aber nicht nur Konzerte zu meinen Tätigkeiten, sondern Workshops, Vocal-Coaching, Aufträge für Filmprojekte und mehr. Meine Stimme ist im Vordergrund und mein Kapital.

 

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

 

Ein Beitrag geteilt von Vali Herrera (@vali.herrera)

Was darf man im Jahr 2025 von dir erwarten?

Aktuell bin ich im kreativen Prozess und in der Planung einer EP. Es wird die Fortsetzung von «Cold Shadow», und die folgenden Songs sind weitere Erzählungen aus demselben Universum. Weitere Teile des mysteriösen Puzzles, zu dem meine erste Single den Anfang gemacht hat. Ausserdem arbeite ich aktuell in einem Filmprojekt bei der Musik mit. Viel darf ich dazu leider noch nicht verraten, aber es kommt auf jeden Fall nächstes Jahr. Für mich ist die Verbindung der Leidenschaften zu Film und Musik wunderbar.

Du liebst Filme, hast du Favoriten?

Es gibt so viele tolle Filme! Beim Genre bleibe ich oftmals bei den düsteren oder tiefgründigen Filmen. Die Werke von Tim Burton wie «Beetlejuice», «Edward Scissorhands» und «The Nightmare Before Christmas» sind mir sehr wichtig. Aber auch Klassiker wie «The Shining» und «Jurassic Park» mag ich sehr, oder «Hide And Seek» mit Dakota Fanning und Robert de Niro und «American History X» mit Edward Norton. Nebst der Atmosphäre ist es für mich auch wichtig, dass mich ein Film zum Nachdenken bringt und gesellschaftskritische Themen anspricht.


Vali Herrera empfiehlt:

Die Reihe Candlelight-Konzerte, die im intimen Rahmen klassische Musik und Filmkompositionen zelebrieren; regelmässig auch in der Schweiz.

Über Vali Herrera:

Die in Zug lebende Vali Herrera kreiert mit ihrer Musik einen Mix aus ergreifendem Gesang und mystischen Klängen. Bereits als Kind war sie als Sängerin auf der Bühne, heute ist sie Vocal-Coach, Komponistin und Songwriterin.

«Cold Shadow» ist ihre erste Single.

Websitemx3Instagram

bild