von Michael Bohli und Silvio Zeder (Bilder) • 16.07.2023
Synthie Pop aus Luzern, live gespielt in Osteuropa. Visions In Clouds waren im Frühling ausserhalb der Schweiz auf Tour, wir haben sie zum Debriefing in ihrer Heimatstadt getroffen.
Visions In Clouds kehrten Luzern für zehn Tage den Rücken und waren in Osteuropa unterwegs. Neu formiert als Trio mit Florian Estermann an der Gitarre, sowie für die Liveauftritte durch Felix Sigrist an der Trompete verstärkt, wurde der Synthie Pop unter anderem nach Prag, Bratislava und Budapest. Wir hatten sie im Vorfeld der Tour per Fragebogen zu ihren Erwartungen, Wünschen und Befürchtungen ausgehorcht. Zurück in die Schweiz geschafft haben es zwar nur zwei von vier Zetteln – zum Debriefing traf man sich dafür (fast) komplett.
Phosphor: Wir sitzen hier an einem sehr warmen Sommertag zusammen am See. Habt ihr schon einen Hitzeschock?
Florian: Es ist nicht direkt unsere Wohlfühltemperatur, wir waren alle im Norden im Urlaub. Aber es ist schön.
Simon: Im Sommer darf es auch warm sein.
Welche Glacé wärt ihr denn?
Florian: Ich finde ja diese Würmchenglacé mit sauren Glühwürmchen drin super.
Simon: Wir sprechen oft über Top-Drei-Listen. Für mich ist das Eis mit dem Knisterpulver ein Highlight. Welche ich wäre, kann ich nicht sagen. Nur, welche ich sicher nicht wäre: eine Solero.
Pascal: Ich verstehe die Leidenschaft für Pralinato nicht …
[Grosser Aufschrei in der Runde, eine leidenschaftliche Diskussion ist entbrannt, wir machen weiter.]
Sind VIC neu offiziell zu viert unterwegs?
Pascal: Wir sind ein Trio, das bei gewissen Auftritten und Songs durch Felix an der Trompete unterstützt wird. Wir spielen weiterhin auch Konzerte zu dritt. Das Songwriting war ja nicht auf eine Trompete ausgerichtet. Aber bei zwei Songs passt sie sehr gut, deshalb bauen wir sie ein.
Simon: Da der Einsatz der Trompete für das Publikum meist unerwartet kommt, ist das immer ein Highlight und ein sehr wertgeschätzter Bestandteil unserer Konzerte.
Pascal: Kommt dazu, dass wir Felix einfach gerne dabeihaben.
Ihr habt in den letzten Wochen einige Auftritte in Luzern absolviert. Wie waren diese Heimspiele?
Florian: Sehr gut. Wir werden stetig eine Spur besser, und die Zweifel an unseren Fähigkeiten sind weg. Besonders, da wir in der letzten Zeit sehr viele Konzerte zusammen gespielt haben.
Simon: Vor Freund:innen und der Familie zu spielen, macht mich persönlich immer nervöser als andere Auftritte. Da wir inzwischen unter sehr unterschiedlichen Bedingungen gespielt haben, sind wir aber in Topform.
Dann ab in die Vergangenheit. Ihr habt auf Zetteln eure Aussichten auf die Tour in Osteuropa festgehalten, welche wir jetzt mit der Realität abgleichen wollen. Wurde zum Beispiel Pascals Hoffnung erfüllt, dass kein Unfall passiert?
Pascal: Wir hatten unterwegs tatsächlich keinen Unfall und haben dieses Mal auch keine unschönen Szenen auf den Strassen beobachtet. Uns vier ist ebenfalls nichts passiert.
Auch keine Getränkeunfälle?
Pascal: Kein Bier fiel auf den Boden. (Lachen)
Simon: Auf Tour gibt es immer Hochs und Tiefs, und besonders die Energieknicke lernt man zu meistern. Man freut sich immer, doch die Müdigkeit kommt. Zehn Tage unterwegs zu sein und jeden Abend nach dem Konzert zu feiern, ist nicht möglich oder gesund. Egal, wie interessant die Stadt ist.
Wie sieht es denn mit den Wünschen aus? Mit Einheimischen in Kontakt zu kommen, wurde hier als Beispiel genannt.
Florian: Das Schöne an einer solchen Tour ist, dass das fast automatisch passiert. Natürlich mal mehr, mal weniger stark, auch je nach Grösse der Venues.
Simon: Wir haben zum Beispiel in einem alten Gasthaus in Tschechien gespielt. Die Leute sassen am Stammtisch, spielten Karten, und man konnte sich nicht vorstellen, dass hier in ein paar Stunden ein Konzert stattfinden sollte. Auch während der Show hatte ich zuerst nicht den Eindruck, die Leute zu erreichen. Aber am Schluss lief gefühlt jeder mit einem Shirt nach Hause, und viele haben noch ein wenig mit uns geplaudert. Diese Wertschätzung ist toll.
Pascal: Es kommt sowieso anders, als man es erwartet – ich glaube, wir sind mittlerweile gut darin, mit unvorhergesehenen Dingen umzugehen.
Simon: Das hat uns auch in vielen Belangen besser gemacht. Um eine Fussball-Referenz beizuziehen: Wenn du es an einem verregneten Sonntag auf einem schlechten Platz kannst, kannst du es immer.
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Das war nicht eure erste Tour in Osteuropa – auch nicht die letzte?
Pascal: Aktuell liegt unser Fokus wieder mehr auf dem Schreiben und auf Shows in der Schweiz.
Simon: Wer weiss, vielleicht gibt es ein neues Album?
Nebst Hoffnungen hattet ihr auch Befürchtungen notiert – unter anderem, dass bestimmt etwas vergessen geht …
Simon: Die Zettel!
Florian: Die Zettel. Aber ansonsten haben wir dieses Mal an alles gedacht.
Pascal: Wir haben auf einer früheren Tour mal den Synthie vergessen. Im Bandraum. Und es nach 33-stündiger Fahrt in Pristina bemerkt.
Simon: Teile der Band hatten da kurz eine existenzielle Krise. Die anderen gingen auf die Bühne. (Lachen).
Dann wäre noch die Frage offen, ob Felix (a) seinen weissen Trainingsanzug mit Ketchup verschönert und/oder (b) sein Trompetenmundstück verloren hat.
Florian: Seine Trompete hat er nie unbeaufsichtigt gelassen. Fast nie.
Simon: Die weisse Jacke hat eine Vorgeschichte. Die haben wir gemeinsam gekauft und sie hat es auch fast bis zum Schluss unbeschadet überstanden.
Zum Abschluss: Was sind eure Visionen für die Zukunft?
Pascal: Ich finde es schwierig, sind während einer Tour zu überlegen, wo man in einem oder zwei Jahren sein möchte – man geniesst den Moment.
Simon: Ich habe auch keine klar definierte Vision. Aber es macht momentan Spass und wir haben Bock.
Florian: Als Liveband waren wir noch nie so gut wie jetzt – das soll auch so bleiben, und alles darum herum soll wachsen und sich entwickeln. Wenn grosse Shows möglich werden, sagen wir bestimmt nicht nein, aber es soll alles Schritt für Schritt weitergehen.
Simon: Wir sind glücklich, eine dritte Person gefunden zu haben, die genauso verrückt ist wie Pascal und ich. Gerade ist es so cool wie noch nie.
Es gibt regelmässig Remixes von euren Songs. Warum macht ihr das so gern?
Simon: Ich finde es cool, dass wir mit Leuten zusammenarbeiten können, von denen wir selbst Fans sind. Dass es Remixe von all diesen wunderbaren Künstler:innen gibt, ist unglaublich. Ich freue mich immer auf das, was dabei herauskommt.
Pascal: Es ist einfach spannend zu hören, was andere aus unseren Songs machen. Und wir schätzen all diese Leute sehr.
Wir schliessen das Interview immer mit Kulturtipps ab. Was empfehlt ihr?
Simon: Binary Sunset! Eine supertolle Band aus Luzern und Freunde von uns.
Pascal: Die könnten doch mal einen Remix von uns machen!
Vielen Dank für das Interview!
Über Visions in Clouds:
Das Trio aus Luzern besteht aus Pascal Zeder, Simon Schurtenberger und Florian Estermann. Die Gruppe spielt eine Mischung aus Synthie Pop, Wave und Disco – mit Spuren der eigenen Post-Punk-Vergangenheit. Ihr aktuelles Album «Are You Still Watching?» erschien 2022 bei Little Jig Records.
Website: mx3