von Michael Bohli • 04.05.2023
Kein Scherz: In Olten fand am 1. April das Wandelbar Festival statt und liess neugierige Besucher:innen Lokale, Acts und Menschen kennenlernen. Fernab von jeglichen verbreiteten Klischees über den Ort.
Am ersten April durch Olten zu wandeln, keine schlechte Idee. Seit 2019 gibt es jährlich die Gelegenheit, die oft verpönte Stadt an der Aare aus kultureller Perspektive neu kennenzulernen. Gemeinsames Herumstreifen, von Bar zu Konzertlokal, mit wechselnden Künstler:innen und grösser werdenden Publikum. Finja, Tabea und Nadine organisieren den Event als Verein mit grossem Erfolg und konnten auch 2023 eine wunderbar vielseitige Ausgabe auf die Beine stellen.
Der Start geschah im Cafe Grogg, in dessen Ecke sich der lokale Musiker Balz okay mit seinem Synthesizer und Glitzervorhang positionierte. Ein Einstieg mit skurril-schrägen und minimalistisch gehaltenen Synthie-Pop-Songs auf Mundart. Kleine Geschichten über Olten und die Schweizer Mentalität, oft melancholisch und satirisch.
Herzvoller und wärmer zeigte sich Eli Wolff, welche zusammen mit Andreas am Bass und Luca an der Perkussion ihren souligen Pop in der Weinbar Riva zum Besten gab. Die junge Formation überzeugte das Publikum sehr und bewies mit eigenen Songs und Coverversionen von Tears For Fears und Aretha Franklin viel Leidenschaft. Hoffentlich folgt bald die Veröffentlichung der ersten Single.
Etablierter Dana, die dieses Jahr beim Swiss Music Award nominiert ist und in Olten wetterbedingt in der Schlosserei auftreten durfte. Gemeinsam mit ihrem Gitarrenzauberer Timon führte sie das Publikum durch ihre ehrlichen und persönlichen, tagebuchartigen Pop-Songs; garniert mit Vocoder, Loop-Künsten und wichtigen Botschaften für die heutige Gesellschaft («Future Daughters»). Ein mitreissendes Set, das den Regen vertrieb.
Lauter der Auftritt von Monte Mai im Magazin, leider auch beim Publikum. Während sich viele Besucher:innen lautstarken Gesprächen hingaben, zelebrierte das Trio aus dem Tessin den psychedelischen Moment in hellem Licht. Aufregende Stücke mit langen Steigerungen, eine verführerische Interpretation von «I Feel Love» (Donna Summer) und Kleidungsstücke, welche die bunten Kompositionen unterstrichen.
Rauer und direkter das Stoner-, Grunge-, Post-Rock-Gewitter von Dog Daughterz in der Garage 8. Die Gruppe aus Olten spielte ein letztes Mal ihre Lieder auf der Bühne, die Auflösung der Formation wurde beschlossen. Das direkt im Kanal K übertragene Konzert wurde zum Abschied, die stellenweise in Mundart gesungenen Songs machten die Erfahrungen kollektiv greifbar. One last hurrah!
Ein erstes Mal gab es bei Marlin in der Schlosserei. Die junge Frau arbeitet normalerweise in diesem Restaurant, am Wandelbar durfte sie ihre Fähigkeiten auf der Bühne beweisen. Talent an unerwarteten Orten, nicht nur die Sängerin war vom Moment mitgerissen. Eigene Tracks und Cover-Liebe, Mitsingspiele und eine Vielzahl an Handylichtern im Raum.
Der brachiale Abschluss folgte im Terminus Club; Nathalie Froehlich aus Lausanne riss den Raum mit ihrer gewaltigen Energie an sich. Wut, Ausdruck, Abriss: Trotz fehlendem Bassdruck wurde der Sprechgesang zur Waffe gegen die Unterdrückung, gemeinsam stampften alle die Ungerechtigkeiten nieder. Von Hip-Hop zu brutalem Techno, mit Schwenker zu «Gangsta’s Paradise» und den Venga Boys. Was für ein Feuerwerk, was für ein Wandelbar Festival.