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Atelierbesuch bei Lara Spiess

von Michael Bohli • 15.11.2024

Ihre Kreativität ist beeindruckend: Lara Spiess ist Make-up-Artistin, Zeichnerin und bedruckt Kleidung. Wir haben sie in ihrem Atelier in Zofingen besucht.

Zwei unscheinbare Räume, in denen Welten gestaltet werden; das ist das Atelier von Lara Spiess aus Zofingen. Die gelernte Make-up-Artistin sprüht beim Zeichnen, Drucken und bei Bodypaints vor Kreativität und hat sich als fähige Gestalterin etabliert.

Nach diversen, sehr sympathischen Begegnungen auf Conventions haben wir nicht nur ihre Socken, Sticker, Bags und Prints lieben gelernt, sondern wollten mehr von Lara erfahren. Dazu haben wir sie für ein Gespräch in ihrer Werkstatt besucht und über Selbstständigkeit, Inspiration und Kultur gesprochen.

Triff Lara Spiess dieses Wochenende Samstag und Sonntag am Kunstmarkt im TENN Zofingen.

Phosphor: Wie geht es dir?

Lara: Gut! Ich hatte in letzter Zeit aber auch viel zu tun. Der Oktober war recht voll mit Halloween und zwei Conventions. November und Dezember werden etwas ruhiger.

Stichwort Conventions: Wie war es für dich?

Die Zurich Pop Con und das Herofest in Bern waren meine fünfte und sechste Convention. Ich finde es immer wieder toll. Von der Pop Con hatte ich allerdings mehr erwartet – mein Standplatz war nicht optimal, viele Leute sind gar nicht an unserer Ecke vorbeigekommen. Das war ein bisschen frustrierend. Aber nächstes Jahr sind ja wieder Conventions.

Conventions sind etwas, was du gerne machst.

Ja, total. Auch wenn es extrem viel Energie benötigt. Vor der Convention müssen die ganzen Sachen bedruckt werden; dann muss ich alles aufbauen und zwei oder drei Tage vor Ort sein. Ich habe die Vermutung, dass viele Artists – genau wie ich – eher introvertiert sind. Verkaufen ist nicht unbedingt meine Stärke; aber ich mache es gerne, weil ich hinter meinen Produkten stehe und mich freue, wenn es anderen gefällt.

Abgesehen von Conventions sind viele Artists auf Social Media aktiv – auch du hast zwei Kanäle.

Unter fleurmystical läuft alles, was mit Siebdruck zu tun hat oder sonst kreativ ist – Shirts, Pullover, Karten, Socken, Headpieces. Produkte, die man anfassen kann.

puffyunicorn ist der Kanal für meine Bodypaints und Make-ups, was mein Hauptjob ist. Etwas wie «Make-up and hair by Lara Spiess» wäre zwar viel professioneller, aber der Name hat sich mit der Zeit etabliert und man kennt mich darunter. Die Website habe ich dann allerdings nicht mehr so benannt (lacht).

Du bist derzeit selbstständig. Wie hat sich das entwickelt?

Ich habe nach der Schneiderinnenlehre ein Jahr in einem Couture-Atelier gearbeitet und dann in die Gastronomie gewechselt. Dort habe ich allerdings das Handwerk vermisst. Ich begann eine Ausbildung zur Visagistin und habe im Verkauf gearbeitet. Während der Pandemie konnte ich viel zu Hause sein und habe wieder mit dem Malen und mit dem Drucken begonnen. Mir ging es aber psychisch immer schlechter, weil ich im Verkaufsjob überhaupt keinen Sinn fand. Zusammen mit meinem Freund habe ich also entschieden, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen. Mittlerweile arbeite ich auch wieder mit einem tiefen Pensum im Verkauf – das ist für mich ein guter Mittelweg und gibt mir Sicherheit.

Es ist beeindruckend, wie du das alles unter einen Hut bringst.

Das Problem ist halt, dass ich nicht nur ein grosses Hobby oder einen grossen Job habe, sondern zu vieles gerne mache (lacht). Dafür kommt in einem so stressigen Monat auch mal ein bisschen mehr Geld rein, was etwas Druck rausnimmt.

 

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Ebenfalls beeindruckend finde ich übrigens, wie ordentlich dein Atelier ist.

Das ist auch nicht immer so (lacht). Ich hatte kürzlich einen grossen Druckauftrag für eine Band, musste kurz darauf meine eigenen Sachen für die Convention drucken und hatte dazwischen noch Make-ups für Hochzeiten … Es sah aus, als hätte jemand eingebrochen. Aber ja, sonst mag ich es schon, in ein aufgeräumtes Atelier zu kommen.

Hast du Tipps für Leute, die sich gerne selbstständig machen möchten?

Persönlich hätte ich gerne das Pensum meiner Festanstellung schrittweise reduziert, um nach und nach einen Kundenstamm aufzubauen. So könnte man finanziell immer auf einem ähnlichen Level bleiben – ich bin mit einem Schlag von 80% auf 20%. Andererseits finde ich auch, dass man es einfach probieren sollte. Just go for it!

Wo findest du Inspiration für deine Arbeiten?

Inspiration nehme ich eigentlich von überall. Gerade auf den Shirts sind Motive, die mir viel bedeuten; zum Beispiel meine Katze, oder der Spruch «Know Your Worth», der mich schon länger begleitet. Auch «Be kind» ist mir zum Beispiel sehr wichtig. Man mag es schon hundertmal gehört haben, aber es ist trotzdem etwas, das ich immer im Hinterkopf habe.

Funktioniert deine Work-Life-Social-Media-Balance momentan gut?

Ich fotografiere und filme für Social Media nicht gerne, aber ich habe jetzt damit angefangen, von meinen Make-up-Arbeiten Fotos zu machen. Früher war ich sehr selbstkritisch und hatte Angst vor negativen Reaktionen; jetzt poste ich es einfach. Und die meisten freuen sich darüber.

Ansonsten ist die Work-Life-Balance mal besser, mal schlechter. Ich kann nicht gut Nein sagen. Es gab darum auch eine Phase, in der mir Make-up keinen Spass mehr gemacht hat, weil mir alles zu viel wurde. Jetzt, mit dem Nebenjob, muss ich nicht mehr jeden Auftrag annehmen und mache es wieder gerne. Am liebsten sind mir kreative Aufgaben: Halloween, Fasnacht oder Werbung. Ich würde sehr gerne bei einem Film oder einer Serie arbeiten.

Du bist sowieso eine popkulturinteressierte Person. Hast du Lieblingsserien, Games oder Comics?

Ich bin keine Comicleserin, liebe aber schön illustrierte Kinderbücher. Am Herofest habe ich auch ein paar Indie-Games entdeckt, die toll aussehen. Früher habe ich viel Nintendo 64 gespielt, mittlerweile geht aber die meiste Zeit ins Malen.

Du erwähnst Kinderbücher. Hast du kreative Träume, die du noch verwirklichen möchtest?

Ja, Kinderbücher sind etwas, das ich gerne machen würde. Ich habe mir auch schon überlegt, zu tätowieren, und übe im Oldschool- und Neotraditional-Stil. Momentan ist dafür aber vielleicht nicht die beste Zeit, da es schon viele Studios und Artists gibt.

Für nächstes Jahr möchte ich den Fokus auf Special Effects beim Make-up setzen und entsprechende Weiterbildungen machen, um besser zu werden. Vielleicht ergibt sich dann auch ein Job im Filmbereich.

Wir drücken dir die Daumen. Vielen Dank für das Gespräch!


Lara empfiehlt:

Vicious Rain • Metalcore aus Baden, von Lara mit bedruckten Shirts & Hoodies ausgestattet.

ΛCHΞRON RIVΞR • Metalcore aus Zofingen, aktuell ist die erste EP in Arbeit.

Chimera Paul • Indie-Folk aus Basel, Lara gestaltete das Cover zur EP «Sonder».

Über Lara Spiess:

Die gelernte Bekleidungsgestalterin ist seit 2015 leidenschaftliche Make-up-Artistin und gestaltet Looks, Bodypaintings und Zeichnungen. Seit Anfang 2022 unterrichtet sie an der Art Of Make-up Schule und ist selbstständig tätig.

Zusätzlich gestaltet und bedruckt sie Kleidungsstücke und Sticker und bildet sich stets im kreativen Bereich weiter.

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