von Mina Rabenalt • 05.02.2025
Wenn um dich herum geraunächtelt wird und du kokeln liebst, dann machste halt mit. 2025, hier bin ich!
13 Wünsche für das Jahr habe ich aufgeschrieben. 12 der Zettel habe ich vom 25. Dezember bis zum 6. Januar verbrannt und somit meine Wünsche an anderer Stelle abgegeben. (Es juckt in den Fingern, «an eine höhere Macht» oder «dem Schicksal» zu schreiben, aber ich glaube halt nicht dran. Würde aber deutlich magischer klingen.)
Der letzte Wunsch, der übrig bleibt, muss ich selbst in die Hand nehmen. Und das habe ich fleißig im Januar gemacht.
«Ich wünsche mir mehr Zelebrieren von Hobbys», stand auf meinem letzten Zettel. Und es stimmt, es sind die ersten Aktivitäten, die ich zurückstelle, wenn kaum mehr Tag übrig ist oder es stressig wird. Die Illusion, dann alle «wichtigen» Dinge schaffen zu können.
Und dann kommen von Tag zu Tag wieder neue Aufgaben, die «total wichtig» sind und man findet sich wieder im Erledigungsmodus, ohne irgendwas gemacht zu haben, was Freude bereitet. Das berühmte Alltagshamsterrad. Veränderung wurde gesät.
Ich habe ein Checklist-Board in Schlüsselanhängergröße mit 7 wichtigen Tätigkeiten des täglichen Lebens bestückt, die ich brauche, um dafür zu sorgen, dass es mir gut geht. Die Tasks sind: 1x Liebe geben, Tabletten nehmen, Lesen/Schreiben/Zeichnen, Bewegung, mindestens 2 Liter trinken, Essen für morgen vorbereiten und meinen Planer machen.
Ich habe mir einen festen Kinotag in der Woche gelegt. Sobald ich im dunklen Saal mich niedergelassen habe, fällt der gesamte Alltagsstress ab und ich muss im Hier und Jetzt sein. Ohne ständiges Grübeln und Organisieren. So gut.
Ich habe über das Jahr Konzerte erspäht, die mir das Gefühl geben, dass dieses Jahr nach langer Flaute voller Liebe für Musik sein wird. Karten werden verbindlich gekauft und es wird nicht bis kurz vor knapp spontan entschieden.
Der erste Kurztrip im Sommer nach London, um Craig Ferguson live erleben zu dürfen, ist auch bereits gebucht. Und wenn Aktivitäten und Gesuche an mich herangetragen werden, beantworte ich sie klar und ehrlich.
Nein, danke.
Kann ich per Videocall dabei sein? Ansonsten; leider nicht möglich.
Das ist keine Sache, die ich gerne mache. Aber danke, dass du an mich gedacht hast.
Nein.
Ja, gerne.
Ich werde mich nächste Woche darum kümmern.
Ich melde mich am Freitag.
Nein, ich habe keine Kapazitäten dafür.
Ja, das übernehme ich.
Ich bin stolz auf mich, dass ich nun in der Lage bin, so zu handeln. Dass es mir immer leichter fällt. Es ist jedoch nicht allein der Verdienst meiner Arbeit an mir selbst. Es ist das Privileg, was ich jetzt habe.
Ich habe einen gut bezahlten Job, in dem ich mir erlauben kann, nur 32 Stunden in der Woche leisten zu müssen. Und im Gegensatz zum Praxisbetrieb, wo ich 8 Stunden Hochleistung und eine Performance für jede Person abliefern musste, weil sie natürlich die bestmögliche Behandlung fordert, muss ich nun so viel leisten, wie halt drin ist.
Wenn man ausschließlich im Hausbesuch arbeitet, muss man sich Gelassenheit angewöhnen. Denn die wenigsten Klientys sind dort in der Lage, selbst dem Leistungsanspruch der Gesellschaft zu genügen. Kleine Schritte für kleine Ziele.
Das gibt mir die Ressourcen, die mir jahrelang fehlten. Durch den eigenen Anspruch, durch schlechte Bezahlung, durch ein Zuhause, was Wunden verursacht. Es ist also kein Wunder, dass es mir in meiner Stabilität besser geht und ich nun die Kraft und die Kapazitäten habe, mir ein schönes Leben zu machen.
Und es ist auch kein Wunder, dass ich in meinen Zwanzigern voller Zukunftsangst und Schulden, weil alles allein durchziehend, dachte, dass ich nicht lebensfähig bin. Und dass das alles meine Schuld ist. Ich müsse mich halt nur mehr anstrengen. Bullshit.
Aber darum kann man sich erst kümmern, wenn man es geschafft hat, sich freizuschwimmen. Und deswegen ist es die Superpower No.1, dieses Privileg des Sich-Freigeschwommen-Habens für Menschen im Umfeld zu nutzen.
Ohne die Menschen, die mir Geld geliehen haben, mich beraten haben und immer wieder neue Wege aus dem Chaos gefunden haben, weil ich keine Kraft mehr vom Überleben übrighatte, hätte ich die Zwanziger nicht überlebt.
Danke.
Wenn ihr Wunschthemen, Anregungen und Pöbeleien habt oder in den Genuss der Superpower des Weltbeste-Mixtapes-Machens kommen wollt, dann sendet eine Nachricht an:
Über Mina Rabenalt
Mina Rabenalt wurde geboren in Berlin Friedrichshain im Jahre 1993. Aufgewachsen an der Warschauer Brücke und an der Rummelsburger Bucht, war sie schon immer da, bevor es cool wurde und man es sich nicht mehr leisten konnte. Sie arbeitet derzeit als Therapeutin.
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