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10 Phänotypen meines Hasses auf Konzerten, Part 2

von Mina Rabenalt • 05.11.2025

Da sind wir wieder. Und habt ihr den ersten Cliffhanger der Geschichte des Phosphor Magazins überlebt? Kommen wir nun zu Platz 6 bis 10.

6. Der (Tablet)-Filmer

Man stelle sich vor: Abgehetzt dank einer Verspätung des Flixbuses jagt man quer durch Hamburg. Für teuer Geld hat man einen Stehplatz ergattert und dabei erfolgreich Bela B. vergrault (wollte verständlicherweise seine Ruhe, aber danke für den Lachkrampf deswegen nachts um 3 Uhr im Bus zurück nach Berlin). Und dann beginnt das Konzert, die Stimme von Nick Cave berührt meine Seele und zieht mich in seinen Bann. Plötzlich sehe ich nichts mehr. Der Mann vor mir hob sein Tablet in die Höhe und begann zu filmen. Ich tippe ihn an und sage ihm zuerst kartoffelig, dann international, dass ich nicht 90 Euro dafür ausgegeben habe, um auf sein Tablet zu schauen. Er sagt zu mir, dass er auch keine 90 Euro ausgegeben hat, um vor ihm einen Mann mit Glatze zu haben. Wie uneinsichtig kann man sein? Diese Selbstverständlichkeit. Man möchte morden. Einzige Lösung: Krawall. Einfach vordrängeln und ihm gehörig die Sicht verderben. Oder für die Hardliner: Gerät in die Hand nehmen und nach hinten wegwerfen. Bitte dabei diabolisch lachen.

7. Der Taktgegner in der Hüpf- und Springedition

Ich gebe zu, dieser Mensch nervt mich gar nicht und ich habe nichts gegen diese Person persönlich. Es sieht nur bescheuert aus, wenn ein Mensch genau gegen jegliches Taktgefühl arbeitet. In den meisten Fällen sagen die Menschen auf der Bühne ja an, wann man zu springen hat. Jetzt ist es raus: Ich wollte hier nur die Top 10 of Hate zusammenbekommen. Wobei es schon nervig ist, wenn man ständig gegen den Takt angebounced wird.

8. Der Besserwisserboy

Besserwisserboy stellt sich meist neben meinen Lebenskomplizen, während wir in ein Gespräch vertieft sind. Als wäre er part of the gang, fängt er an über die gleich auftretende Band zu philosophieren. Wie man so die Neubesetzung vom Sänger findet, Kritik am neuen Album, warum früher alles besser war, wo man mit den Jungs der Band danach noch einen Trinken gehen konnte. Problem: Mein Lebenskomplize ist nur die Begleitung und hat keine Ahnung, was der Dude will. Und komischerweise wird jede Antwort von mir ignoriert. Schlimmer ist es, wenn das Exemplar an- bis betrunken ist. Dann versucht er um meine Begleitung, und schlimmer um mich, seinen Arm zu schwingen, damit wir gemeinsam, verbunden wie bei einem Fußballspiel, grölen und feiern können. Es sieht fast aus wie die Dance Moves von Alexander Marcus, wenn man sich aus dem Körperkontakt heraus manövriert. Wir bilden uns ein Knoblauchkonsum hilft auch.

9. Der notorische Stagediver

Eines vorweg: Stagediving war früher eine königliche Kunst, die an Coolness nicht zu überbieten war, wenn stilvoll durchgeführt. Ich hatte immer Respekt und werde dies aus Angst nicht aufgefangen zu werden niemals selbst machen. In den letzten Jahren hat sich eine gewisse Routine entwickelt. Egal, welches Konzert, es muss immer einen Moshpit geben, es muss immer auf der Menschenmasse geschwommen werden. Hauptsache es wird sich gefilmt, Hauptsache man ist die Hauptattraktion des Konzerts und kann danach sagen, dass man das im Leben schon mal gemacht hat. Wenn jedoch ein erheblicher Anteil von Zuschauenden so denkt, kommt es zur Fließbandarbeit. Dann stehe ich da vorne, werde ständig von kleineren Menschen angetippt, weil entweder von hinten oder von der Bühne aus irgendwer von mir zur nächsten größeren Person gehievt werden möchte. Oder man bekommt aus dem Nichts einen Fuß ins Gesicht geschlagen. Und das dann alle 5 Minuten, weil jeder ja mal dran kommen will. Wirklich. Habe das Gefühl, der Sprung aus dem Flugzeug als das einschneidende Erlebnis, was man unbedingt mal machen muss, wurde abgelöst vom Selfie beim Stagediving.

10. Die 24/7- Smalltalkerin

Allein kein Problem, aber in Horde unerträglich. Ich persönlich gehe ja zu Konzerten, um mich in der Musik zu verlieren. Um zu fühlen. Um zu leben. Man kann aber natürlich auch einfach das Kaffeekränzchen auf eine Mehrzweckhalle verschieben und dort von Vorband bis Zugabe dauerquasseln. Bei meiner Reizoffenheit ist es nicht denkbar, so ein Durchhaltevermögen an den Tag zu legen.

Aber wie bei allen anderen Gestalten, die einem richtig das Konzert vermiesen können, stellt sich die immer wiederkehrende Frage: Merkste selber, wa? Biste halt kacke.

Soundtrack zur Lesebegleitung:

  1. Delilah Bon – Bush
  2. HUNTR/X – Takedown
  3. King Woman – Psychic Wound
  4. Paula Carolina – Wo ist der Bus?
  5. Mawiza – Wingkawnoam

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Über Mina Rabenalt

Mina Rabenalt wurde geboren in Berlin Friedrichshain im Jahre 1993. Aufgewachsen an der Warschauer Brücke und an der Rummelsburger Bucht, war sie schon immer da, bevor es cool wurde und man es sich nicht mehr leisten konnte. Sie arbeitet derzeit als Therapeutin.

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