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TKZ: Auf der Suche nach dem Pioniergeist

von Cornelia Hüsser • 26.09.2023

Das Theaterkollektiv Zwiebelfisch aus Zofingen präsentiert ein neues Stück. Zusammen mit der Genossenschaft Ochsen hat sich die Gruppe auf die Suche nach dem Geist des Hauses begeben – und ist dabei auf skurrile, unterhaltsame und zum Nachdenken anregende Geschichten gestossen. Eingebettet in die passende Umgebung – den Ochsengarten – lädt der Zwiebelfisch ein, selber nachzuspüren.

Ein Jahr lang haben das Theaterkollektiv Zwiebelfisch und die Genossenschaft Ochsen am Stück «Die begeisternde Zeitreise» gearbeitet. Gestartet haben sie mit der Suche nach Geschichten und Anekdoten des Hauses, weiter ging es mit dem Zusammenfügen zu einem abgerundeten Theaterstück. Das Resultat ist an drei Aufführungen Ende September zu sehen. Wir durften bereits eine Probe besuchen – und haben im Anschluss mit Projektleiterin Annina und ihren Mitspieler:innen ein wenig geplaudert.

Wie seid ihr zu den Texten/Geschichten für «Die begeisternde Zeitreise» gekommen?

Annina: Wir haben von der Genossenschaft Kontakte von Personen bekommen, die einmal hier gewohnt oder gearbeitet haben. Mit diesen haben wir dann Interviews geführt und versucht, interessante Geschichten und anekdotische Erlebnisse herauszukitzeln.

Die Texte habt ihr dann anschliessend selbst geschrieben?

Annina: Nein, das war eine Handvoll Menschen aus Zofingen, die das zusammengetragene Material in Texte und Dialoge gegossen hat. In der Theatergruppe haben wir diese dann chronologisch geordnet, in eine Struktur gebracht und teilweise ergänzt, sodass daraus etwas Gesamtheitliches entstand.

Eure Inszenierungen spielen nicht auf einer Bühne, sondern beziehen die Umgebung direkt mit ein. Was ist der Reiz daran?

Annina: Es ist toll, wenn man das Publikum von Spielort zu Spielort mitnehmen kann und es selber aktiv ist, anstatt «nur» von den Sitzplätzen aus zuzuschauen. Wir müssen im ganzen Ablauf einplanen, wie wir die Zuschauenden führen, ohne sie zu sehr aus dem Theater-Setting herauszureissen. Ausserdem ist man gezwungen, Requisiten zu reduzieren.

Laura: Eine Herausforderung ist auch immer, zwischen den Texten – die ja von verschiedensten Leuten stammen – einen Zusammenhang herzustellen, damit das Theater als ganzes einen roten Faden hat.

Annina: Das war dieses Mal einfacher, da alles mit der Genossenschaft Ochsen zu tun hat. Bei früheren Themen, zu denen wir Texte gesucht hatten, wurden wir manchmal auch komplett überrascht. So gab es bei «Fri[e]da» haufenweise Texte über Kühe, bei «Letschti Rondi» viel zum Thema Marathon. Aber das macht es spannend – so fixiert man sich nicht schon im Voraus auf eine bestimmte Idee.

Laura: Manchmal merken wir auch beim Entwickeln eines neuen Theaters, dass wir ähnliche Charaktere schon früher dabei hatten. Mit diesen gibt es dann jeweils ein Wiedersehen …

(Enthusiastisch:) … also kehrt der nackte Mann zurück?

Annina: Ja, er hat bis jetzt in jedem weiteren Projekt einen Platz bekommen.

Dieses Mal hattet ihr eine Dreierprojektleitung. Wie ist es gelaufen?

Annina: Das war eine gute Entscheidung. Bisher hatten sich immer die gleichen Personen um alles gekümmert. Jetzt haben Alexandra und ich uns um die Regie und Dramaturgie gekümmert, Michael um alles Administrative. Wobei gerade in der Regie eigentlich alle mitwirken und Rückmeldungen von aussen geben, wenn sie in einer Szene nicht gerade selber spielen.

Michael: Man muss auch bedenken, dass dieses Theater über den Zeitraum von einem Jahr entstanden ist – wir haben vergangenen Herbst mit den Interviews gestartet. Ohne klare Rollenverteilung hätte die Gefahr bestanden, dass sich alles verzettelt.

Annina: Gerade weil die Recherche und das Schreiben von Texten auch Teil unseres Prozesses sind, benötigen wir diese Zeit. Ein bestehendes Stück zu proben und aufzuführen, würde natürlich schneller gehen.

Ganz allgemein: Was bedeutet Theater für euch?

Annina: Für mich ist es ein Ort, an dem ich kreativ sein kann. Ich habe damit an der Kanti begonnen und weiss es zu schätzen, das in dieser bunt zusammengewürfelten Gruppe weiter tun zu können.

Dario: Ich wollte schon immer in einer Theatergruppe mitmachen. Per Zufall haben sich gleich zwei ergeben …

Michael: … per Zufall haben sie auch fast gleichzeitig ihre Aufführungen!

Dario: Genau! Aber es ist toll, in der Freizeit auch mal wieder Leute ausserhalb des bestehenden Freundeskreises zu treffen und alles rauszulassen, jemand anderes zu sein.

Laura: Ich habe auch an der Kanti mit dem Theater angefangen. Im Studium fehlt mir nun einfach die Zeit für häufige, regelmässige Proben. Das ist das Schöne beim TKZ: Hier kann man auch einmal eine Aufführung aussetzen und beim nächsten Mal wieder dabei sein.

Corina: Ich kann mich vor allem Dario anschliessen. Es ist toll, einfach mal jemand anderes zu sein oder darzustellen.

Michael: Ich bin immer im Zwiespalt. Während der Vorbereitungen freue ich mich darauf, wenn es endlich vorbei ist – aber kaum rücken die Aufführungen näher, bin ich traurig, dass es schon bald vorüber ist. Aber es macht auf jeden Fall Spass.

Was verbindet euch persönlich mit dem Ochsen? Und hat sich im Laufe der Vorbereitungen daran vielleicht etwas geändert?

Dario: Ich wohne hier und habe interessante Dinge herausgefunden, die ich noch nicht wusste. Zum Beispiel, dass wir Giftpflanzen im Garten haben. Die müssen raus.

Laura: Wir haben früher vor allem nach der Schule noch kurz in der Ochsen-Bar vorbeigeschaut.

Annina: Ja, die Beiz war immer ein guter Treffpunkt. Mir ist aber erst durch das Theater bewusst geworden, dass hier früher noch viel mehr los war – Konzerte, Kultur, Aktivismus. Das haben wir nicht mehr kennengelernt.

Michael (etwas älter): Früher gab es wirklich jedes Wochenende kulturelle Veranstaltungen. Und egal, wann man hierherkam, man hat immer jemanden getroffen und bewegte sich im ganzen Haus.

Wenn ihr an das erste Projekt «Der König von Zofingen» zurückdenkt: Was hat sich verändert?

Annina: Das entstand noch als Zusammenarbeit zwischen der Leserei und der Theatergruppe der Kanti. Die Leserei hatte einen Aufruf gemacht, Texte zum Thema «Der König von Zofingen» einzureichen, und die Kanti für die Aufführungen angefragt. Einen eigenen Verein haben wir erst später gegründet.

Im Ochsen!

Annina: Ja, genau. Wir arbeiten zwar immer noch gerne mit der Leserei zusammen, sind jetzt aber unabhängig.

 

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Gibt es denn schon Pläne für weitere Projekte?

Annina: Wir würden gerne ein Projekt im Freibad machen. Es ist aber eine ziemliche Herausforderung in Sachen Organisation und Sicherheit. Spannend wäre es auf jeden Fall, die Umgebung hat viel Potenzial.

Michael: Und wer hat schon je eine Theateraufführung im Schwimmbad gesehen?

Oder gemacht! Vielen Dank euch allen für das Interview.


Kulturtipps des Theaterkollektivs Zwiebelfisch:

«Die Erbschaft» vom Affetheater im OXIL. Das Zweittheater von Dario.

Die neue Visual EP von Take My Crown aus Zofingen wird am 29. September 2023 das Licht der Welt erblicken. Hier kann das Album angehört werden.

Das Theaterkollektiv Zwiebelfisch präsentiert:
Die beGEISTernde Zeitreise

Daten:
Freitag, 29.09.23, 19:30
Samstag, 30.09.23, 14:30
Samstag, 30.09.23, 19:30

Ort:
Ochsengarten, Zofingen (Eingang Ochsengasse).
Bei schlechter Witterung finden die Aufführungen im Ochsensaal statt (Eingang
Vordere Hauptgasse 8).

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