von Cornelia Hüsser und Michael Bohli • 06.07.2024
Es war Zapfenstreich. Das bedeutet: Wir auf den Gassen, alle anderen auch. Doch wieso eigentlich? Eine Spurensuche in Zofingen.
Wenn sich das Städtchen mit historischem Kern im Westaargau schmückt, dann heisst das, dass die Sommerferien da sind, dass alte Traditionen ausgepackt werden und am Abend die Gassen mit Leben gefüllt sind (und Bier). Der Zapfenstreich war zurück, und auch wir haben uns unter die Leute gemischt – und versucht herauszufinden, warum das Event überhaupt besucht wird.
Eigentlich hatten wir viel vor, denn erneut bot der Abend ein ausgedehntes Programm mit Konzerten und DJs, wunderbar auf dieser Site zusammengestellt. Der hingekritzelte Zettel mit den Must-sees fühlte sich wie ein Festival-Programm an, doch ein Blick aus dem Fenster bedeutete die erste Ernüchterung: Der winkende Koch vom letzten Jahr ist nicht mehr mit dabei!
Wie auch immer, mit einem leckeren Bubble-Tea in der Hand begaben wir uns frühabends auf die Gassen und trafen beim Bonheur trink- und tanzfreudige Menschen.
Person 1: Weil ich mit meinen Arbeitskolleginn:en hier bin, sonst wäre ich nicht dabei. Da ich nicht aus der Region stamme, ist der Zapfenstreich etwas Merkwürdiges für mich.
Ok, Euphorie pur. Egal, die Gassen wurden voller, die Schlangen vor den Essensständen (bitte in Zukunft mehr davon, mehr vegan) und den WC-Wagen (auch hier mehr davon) extrem lang. Das zwingende Elemente des Zapfenstreichs scheint tatsächlich bei vielen der Zwang zu sein.
Person 2 (Palass): Es findet vor meiner Wohnung statt, ich muss fast.
Person 7 (Traubengarten): Weil ich kein Gegenargument habe und nicht an den Maienzug möchte.
Person 6 (Palass): Weil es nicht regnet.
Person 11 (Lindenplatz): Ich lebe in der Altstadt, ich kann mich nicht wehren.
Ach ja, das kennen wir gut. Doch die Zapf-Bar beim Palass bot einen Moment der Entspannung, bevor wir uns mit Hyperculte bei der Markthalle endlich der musikalischen Seite zuwandten.
Person 3 (Palass): Blöaaährg.
Super willkürlich nicht nur gewisse Aussagen, sondern auch die Zeitreise mit Delinquent Habits. Die Hiphop-Legende aus den USA spielte am Stadtende neben dem High-Store und sorgte zuerst für ungläubige Gesichter, dann glühende Sportzigaretten und erhobene Arme.
Erhobene Hände finden sich auch im Klassenzimmer, eine starke Verbindung zum Zapfenstreich:
Person 4 (Palass): Als Zofinger oder Wahlzofinger kommt man nicht darum herum. Ich wohne seit vielen Jahren hier und ging bereits hier zur Schule.
Person 5 (Palass): Als zukünftige Lehrperson ist es wichtig, sich hier zu zeigen und vorzusondieren, mit Kolleg:innen Kontakt aufzunehmen und sich beim Stadtrat blicken zu lassen. Einmal Erbrechen inklusive.
Ob es wirklich dazu gekommen ist, wollen wir nicht genauer erforschen. Klar ist, dass der Zapfenstreich grosses Potential für Begegnungen bietet – ob erwünscht oder unerwünscht.
Person 9 (Traubengarten): Es verspricht sich auch dieses Jahr eine Weiterentwicklung des Potentials, mit mehr Konzerten und Veranstaltungen.
Person 10 (Lindenplatz): Tradition! Man trifft alle Freund:innen, die man seit vielen Jahren kennt und kann ihnen gut ausweichen, da die Freude auf ein Wiedersehen gar nicht so gross ist. Plus ist einmal in Zofingen etwas los!
Schön, das mit der Weiterentwicklung können wir unterschreiben. Nebst starken DJs wie Zimmermucke, Laureal oder Son Ami waren gewisse Bands klare Highlights. Und wer sich schon lange gefragt hat, was es mit den Kadetten, Kanonen und Kriegsspielen auf sich hat, der erhalte hiermit der Weisheit letzter Schluss:
Person 8 (Traubengarten): Der Zapfenstreich ist doch das Herunterlassen der Flagge in der Kaserne – und wir haben die Flagge jetzt auch unten.
Genau, gute Nacht.
Auch letztes Jahr waren wir auf den Gassen unterwegs, jetzt nachlesen.