Stream: Utopia Blues

Dass es nicht gut ausgehen kann, ist bereits in der Wortwahl des Titels enthalten. Eine Utopie ist laut ursprünglicher Wortbedeutung ein «Nicht-Ort», der trotz positiver Imagination nicht erreicht werden kann. Gepaart mit der wehklagenden Musikrichtung des Blues sagt uns der Film: Hier wird es schmerzhaft.

«Utopia Blues» ist genau das in vielen Szenen. Die Hauptfigur Rafael findet sich in der leistungsorientierten und kapitalistischen Welt nicht zurecht und träumt lieber vom Musikerleben, als in der Schule zu büffeln. Als diese Gedanken und Vorstellungen Überhand nehmen und ihn stark abdriften lassen, wird aus der Hoffnung Depression.

Seine radikale Haltung stösst auf Unverständnis und Machtlosigkeit bei Rafaels Mutter und Lehrpersonen, es scheint bloss die Einlieferung in eine psychiatrische Anstalt als Ausweg möglich zu sein. Zerbricht der junge Mann endgültig an der Gesellschaft?

Stefan Haupt wählte für seinen ersten Spielfilm «Utopia Blues» eine direkte Erzählweise, die sich nahe an den Figuren hält und auf wahren Begebenheiten beruht. Die Handheld-Aufnahmen wirken roh, die digitale Ästhetik der frühen 2000er-Jahre verstärkt den Eindruck einer Realbeobachtung. Das tiefe Budget des Filmes wird zur Chance, die Handlung und Dialoge wirken selten forciert.

Rafaels Traum vom eigenen Platz in der harschen Welt wird zur Abhandlung über gesellschaftliche Zwänge, die Stichworte Träume und Depression stehen im Konflikt mit den Schweizer Regeln. Besonders für junge Menschen entfaltet «Utopia Blues» eine frische und unverstellte Wirkung, die direkt aus dem eigenen Innern zu kommen scheint.

Das Debüt von Haupt ist eine packende Erfahrung über die Frage, was im Leben wichtig ist. Zugleich ist die Wiederentdeckung des Filmes eine Zeitkapsel, die Hanna Scheurig als Krankenschwester und SBB-Reisen bei offenem Fenster im Raucherabteil bietet.

Die Filme «Do It» und «Im Nordwind» sind ebenfalls Teil von «unterwegs», der 17. Staffel von Filmo.